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Lieder
zum Gebrauch
der
Loge zur wahren Eintracht

O. v. W.

In Musik gesetzt vom Bruder Benjamin
Wien 1785

Bey Eröffnung der Lehr (Loge)

Brüder, laßt mit frohem Muth',
Uns die Arbeit nun beginnen!
Denn der Zeiten schnelle Fluth
Soll uns nicht umsonst verrinnen.
Singt mit freudigem Gefühl:
Arbeit ist des Maurers Ziel.

Diese Schürz und Kelle hier
Dienet nicht, uns bloß zu zieren,
Dienet uns, o Tugend, dir
Einen Tempel aufzuführen.
Drum ihr lieben Brüder, seydt,
Stets zu diesem Bau bereit.

Arbeit ist das stärkste Glied
An der Kette dieses Lebens:
Jede leere Stunde flieht
Wie ein Traum, und ist vergebens.
Arbeit ist des Menschen Pflicht:
Wer nicht säet aerndtet nicht.

Darum laßt mit frohem Muth
Uns die Arbeit nun beginnen!
Denn der Zeiten schnelle Fluth
Soll uns nicht umsonst verrinnen.
Singt mit freudigem Gefühl:
Arbeit ist des Maurers Ziel.

Zum Schluß der Lehr (Loge)

Wie Pflüger mit Säen und Jäten
Auf dürftigen sandigen Beeten
Mit Mühe sich Nahrung erziehn,
So machen wir urbar; und pflegen
Den innern Menschen, und Seegen
Entsproßt ihm durch unser Bemühn,
Entsproßt ihm durch unser Bemühn.

Bey Eröffnung der Gesellen Loge

Stral der Klugheit, des Verstandes,
Leitstern unsres Bruderbandes!
Gottes Gabe! Geist der Ruh!
Steig herab auf unsre Brüder!
Wer dich liebt! den liebst du wieder:
Wer dir folgt, den leitest du.

Himmelsfunke, deinem Schimmer
Weicht des reinsten Goldes Flimmer,
Still und friedlich ist dein Pfad.
Rechts an deinem Throne winken
Recht und Wahrheit, und zur Linken
Sitzen Vorsicht Lieb und Rath.

Du lehrst Prunk und Tand vermissen,
Lehrst des Daseyns uns geniessen,
Schön und herrlich ist dein Lohn.
Doch, o Pflegerinn der Künste,
Arbeit fodern deine Dienste;
Denn der Trägheit sprichst du Hohn.

Drum, wer Arbeit flieht, der eile
Ja nicht hier zur rechten Säule!
Er hat keinen Lohn verdient.
Komm, o Weisheit, streng zu prüffen,
Ob die Kellen hell geschliffen,
Und die Herzen reiner sind.

Zum Schluß der Gesellen Loge

Viel wandern zur schimmernden Halle
Der Weisheit, doch, Brüder, nicht alle
Vollenden die mühsame Bahn;
Denn Wüsten und Dornengehänge
Durchkreuzen die mystischen Wege
Zu Salomo's Tempel hinan.

Doch hat man des Heiligthums Schwelle
Erreichet, dann labet die Quelle
Der Weisheit den dürstenden Sinn:
Und wie, wenn ein Wunder dem Blinden,
Die Augen eröffnet, so schwinden
Die Nebel des Geistes dahin.

Ihr, die ihr die siebente Stuffe
Erstiegen, gehorchet dem Ruffe
Der Weisheit! ihr huldigen wir.
Sie lehrt uns den inneren Frieden,
Genuß und Erkenntniß hienieden:
Drum ringet und strebet nach ihr!

Bey Eröffnung der Meister Loge

Hier auf modernden Gebeinen
Welkt der Hofnung Zweig uns ab;
Gleich verwaisten Kindern weinen
Wir auf A***s Grab,
Vater, nur ein Wort von dir!
Nur ein Wort, so leben wir!

In der Erde tiefen Schlünden,
Oben in der Geisterwelt,
Glaubten wir dieß Wort zu finden,
Das des Maurers Zweck enthält,
Aber ach! wir fanden Dunst
Statt dem Schlüssel unsrer Kunst.

Menschenseegen, Seelenklarheit,
War sonst unsrer Arbeit Lohn,
Menschenseegen, Licht und Wahrheit
Sind mit diesem Wort entflohn.
Unser Bund, durch dich verwaist,
Ward ein Körper ohne Geist.

Darum laß der Brüder Sehnen
Nun nicht länger ohne Frucht,
Sieh den Körper, der mit Thränen
Die verlohrne Seele sucht,
Du, der uns den Körper gab,
Send' auch deinen Geist herab.

Zum Schluß der Meister Loge

Frohlocket, ihr würdigen Brüder!
Die himmlische Seel ist hernieder
Zum irdischen Leibe gekehrt.
Ein Wort, das die Himmel nicht fassen,
Ein Lichtstral, dem Sonnen erblassen,
Hat neu ihn beseelt und verklärt.

Bey Eröffnung der Tafel Loge

Legt für heut den Werkzeug nieder,
Laßt die blanken Kellen ruhn,
Denn der Hammer ruft, ihr Brüder,
Euch zum frohen Mahle nun.
Sehet! manche süsse Gabe,
Die den Körper neu erfrischt,
Hat aus ihrem reichen Habe,
Mutter Erd' uns aufgetischt.

Tafel Lied

Brüder, freuet euch zur Wette,
Schließt die große Brüderkette
Um die Freude eh sie flieht;
Eingebannt nach Zaubrerweise,
Schwebt sie dann in unsrem Kreise,
Rund herum von Glied zu Glied.

Aus der Kette, die wir knüpfen,
Soll sie nimmermehr entschlüpfen,
Bis die Mitternacht anbricht;
Denn, um d'raus sich los zu winden,
Müßte sie das Ende finden,
Und das hat die Kette nicht.

Zum Schluß der Tafel Loge

Die Freude, Brüder, die wir heut
In unserm Kreis geschlossen,
Hat über uns, im Rosenkleid,
Ihr Füllhorn ausgegossen.
Aus ihrem Becher tranken wir,
Deß freun wir uns, und danken ihr,
Für das, was wir genossen.

Doch pflegt sie mit noch besserm Wein
Ihr Freudenmahl zu schliessen,
Und schenkt davon nur jenen ein,
Die ihrer Huld geniessen.
Sag' an, wo dieser Trunk gedeiht,
Der Herz und Sinn noch mehr erfreut;
Wir wollen ihn nicht missen.

Der Wein gedeiht nicht überall,
Die Liebe muß ihn pflegen,
Er quillet nur in ihrem Stral
Dem Menschenfreund entgegen.
Des Wohlthuns Wonne heißt der Wein
Wir schenken ihn den Armen ein
Zum Sankt Johannissegen!

Kettenlied am St. Johannisfeste

Wir singen und schlingen zur Wette
Der Eintracht unendliche Kette,
Und feyern der Brüderschaft Fest,
O messet die Kette, ihr findet
Kein Ende daran, sie umwindet
Die Erde von Osten bis West,
Die Erde von Osten bis West.

Kettenlied, gesungen bey einer Schwestertafel

Es schliesse jedes Bruders Hand
Sich an die Hand der Schwester,
Und Freundschaft knüpfe dieses Band
Von Tag zu Tage fester.
Des Maurers ehrenwerthe Kunst
Verdient der Schwestern Huld und Gunst.

Der Maurer sucht der edlen Spur
Des Schönen nachzustreben,
Und dieß Geschenk hat die Natur
Der Schwesterzunft gegeben:
Reiz ist der Schwestern Eigenthum
Und jeder Maurer liebt sie drum.

Der Liebe süsse Gegenwart
Fühlt jeder Mensch hienieden;
Doch Maurern ist die schönste Art
Zu lieben hier beschieden:
Gemeine Lieb erlischt zu früh;
Des Maurers Lieb erkaltet nie.

Und daß der Maurer seine Pflicht
Zu schweigen nie verletzet,
Ist das, was ihn im Angesicht
Der Welt in Achtung setzet;
Die männliche Verschwiegenheit
Dient Maurern als ein Ehrenkleid.

An die Rosennähterinn

Gute Menschen, die sich innig lieben,
Und in brüderlicher Eintracht üben,
Senden dieses Angedenken dir.
Rosen nähtest du für deine Brüder,
Rosen geben sie zum Dank dir wieder:
Ehre Schwester, diese Dankbegier.

Willst du, daß die Unschuld deiner Wange
Stäts so schön, wie diese Rosen prange;
So vergesse niemals der Natur.
Jeder Reiz, der ihre Töchter schmücket,
Und des Mannes Auge nicht berücket,
Kömmt aus ihren Mutterhänden nur.

Freude hüllet sich in Rosenschimmer,
Diese Freude weiche von dir nimmer,
Kleine, holde Rosennähterinn!
Schön're Rosen noch, als wir dir geben,
Schlingst du einst in deines Gatten Leben,
Und die werden nimmermehr verblühn.


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