Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Gnädiger Herr,

Aus der Sache wollen wir bald kommen. Können Sie schwören? In einer Viertelstunde kann man zehn Wechsel abschwören. Ich weis, daß ich mit einem Cavalier rede, der die gemeinen Vorurtheile nicht hat, die man dem Pöbel läßt; sonst würde ich nicht so geradezu mit Ihnen reden. Ich verlange gar nicht, daß Sie einen falschen Eid thun sollen. Sie sollen nur bey dem Eide etwas anders denken, als der Kläger denkt, und als Sie gefragt werden. Sie schwören alsdann keinen falschen, sondern nur den Eid nicht, den man von Ihnen verlangt hat. Wie man das eigentlich mache, das will ich Ihnen mündlich sagen, wenn ich die Gnade habe, Ihnen aufzuwarten, denn ich denke übermorgen wieder auszugehen, so Gott will, und mein Medicus. Sollten Dieselben wider alles Vermuthen, nehmen Sie mir es ja nicht ungnädig, daß ich dergleichen von einem so artigen Hofmanne denke, sollten Sie wider alles Vermuthen, ein Bedenken dabey finden, und in der Sprache des gemeinen Mannes zu reden, zu gewissenhaft dazu seyn, so wollen wir es an einem andern Ende angreifen. Wie alt sind Ew. Gnaden gewesen, als Sie den Wechsel über die 2000 Thlr. ausstellten? Und wenn nur noch zwo Minuten an fünf und zwanzig Jahren fehlen; so soll der Herr R. nicht so viel – – kriegen. Das wird Ihnen doch keine Gewissensbisse machen, wenn Sie sich des Rechts bedienen, das Ihnen die Gesetze geben? Haben Sie Ihren Namen ganz unter dem Wechsel ausgeschrieben? Ich wollte, es fehlte was, und wenn es auch nur ein D. für ein T. wäre, es sollte Ihrem Gläubiger warm genug machen. Können Sie sich wohl noch erinnern, ob Sie die 2000 Thlr. baar, und in den Sorten, worinnen Sie verschrieben worden, ausgezahlt bekommen, oder haben Sie gute Sorten gegen schlechte verschrieben? Hat Ihnen der Kaufmann etwan Waaren daran gegeben, oder unter dem Titel von Provision, Agio und dergleichen viel abgezogen? Besinnen Sie sich ja recht. Ihre Christenpflicht, und die Gesetze verbinden Sie, auf diesen Fall dem Wuchrer nicht nachzusehn, sondern ihn andern zum Exempel zu züchtigen. Ich habe verschiedne mal diesen casum in terminis mit gutem Erfolge ausgeführt. Könnte nicht etwan Ihr Sekretair den Wechsel vorher zu sehen bekommen? Das wäre ein Meisterstreich. Er müßte ihn den Augenblick in Stücken zerreißen, und zum Fenster hinaus werfen. Was will der Kaufmann hernach mit dem Sekretair anfangen? Verklagen? Dafür lassen Sie mich sorgen. Es soll ihm drey tausend Thaler kosten, ehe er die 2000 Thlr. wieder kriegt. Man wirft dem Richter eine Hand voll Ducaten an den Kopf, so ist er blind und taub. Kurz, dafür lassen Sie mich sorgen; und was Ihr Sekretair thut, das ist nicht Ihre Sünde. Gefallen Ihnen alle diese Vorschläge nicht; so will ich Ihnen noch einen andern thun. Recognosciren Sie den Wechsel nicht. Wenn ihn die Gerichte produciren, so stellen Sie sich so trunken, daß Sie weder reden noch sehen können. Sie gewinnen doch wieder einige Stunden Luft; kömmt Zeit, kömmt Rath. Wenn alle Stränge reißen, so weis ich noch ein Mittel; aber das ist freylich ein verzweifeltes Mittel. Ich habe es bey andern Gelegenheiten mit gutem Vortheil gebraucht. Mit einem Worte, Gnädiger Herr, ich will Sie närrisch machen, so bald es Ihnen gefällt. Befehlen Sie nur. So närrisch, daß Sie selbst nicht wissen sollen, wie Sie daran sind. Noch eins. Was meinen Sie, wenn ich Ihnen von Ihrem Gläubiger einen Wechsel auf drey tausend Thaler schaffe, die er von Ihnen geborgt hat? Den Augenblick sollen Sie den haben. Mein Schreiber kann alle Hände nachmalen; und wie man die Siegel nachdruckt, das verstehe ich. Ich mag das Ding ansehn, von welcher Seite ich will, so gefällt mir dieser Vorschlag am besten. Haben Sie doch nicht nöthig, ihn auf die 3000 Thlr. zu verklagen; es ist genug, wenn Sie ihm zu eben der Zeit mit dem Arreste drohn, da er sich gegen Sie unnütze macht. Und treibt er die Sache gar zu weit; gut, so muß er sie bezahlen; geben Sie ihm seine 2000 Thlr. davon, und wenn Ihnen das dritte tausend auf dem Gewissen liegt, so geben Sie es nur mir, ich will mit meinem Gewissen schon zu rechte kommen.

Wenn ich Zeit hätte, so wollte ich Ihnen noch mehr Wege vorschlagen, wodurch Sie sich retten können. Lesen Sie sich inzwischen hier aus, was Sie wollen. Ich bin allemal zu Ihren Diensten. Ich erwarte Ihren Entschluß, und bin mit aller Hochachtung &c.

N. S. Ich wollte wohl sehen, daß ich morgen zu Ihnen kommen könnte; aber ich habe von vielen Jahren her allemal Dienstags meinen Fasttag, und arbeite vor der Sonnen Untergang nicht. Ich halte dieses Gelübde so heilig, daß ich es nicht breche, und wenn ich hundert Ducaten zu verdienen wüßte. Es ist auf die Mittwoche noch Zeit genug. Ueberlegen Sie es inzwischen. Das Abschwören des Wechsels wäre gewiß das beste Mittel. Wie Sie wollen, Gnädiger Herr!


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