Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Gnädigster Herr Obrister,

Es ist beym Herrn von — — eine austrägliche Pfarre offen, und ich möchte sie gern haben. Cathrinchen sagte, Sie wären ein guter Freund von ihm, und könnten mir leicht dazu helfen. Ich bin das wilde Leben überdrüßig, und möchte gern einmal meinen eignen Heerd, und meine eigne Frau haben. Haben Sie die Gnade, und sorgen Sie für mich. Ich habe gehört, daß der alte Pfarrer mit seinem Patrone in grosser Feindschaft gelebt hat; aber die Schuld war seine. Ich getraue mir besser mit ihm auszukommen. Ich kenne die Herren schon. Wenn er mir giebt, was mir gehört, so mag er leben, wie er will. Mit Schmälen und Predigen, halten Sie mirs zur Gnade, macht man euch Herren nicht frömmer. Sie sind zu vornehm, als daß Sie uns zu Gefallen fromm und christlich leben sollten. Und, unter uns gesprochen, aus dem beständigen Poltern kömmt auch nicht viel heraus. Mit den Jahren ändert sichs so wohl. Es ist schlimm genug, wenn die Herren einmal bey Hofe sind, und ein paar Wochen ehrbar thun müssen; sollen wir ihnen auch das Leben noch sauer machen, wenn sie sich beym Regimente oder auf ihren Gütern aufhalten? Ich kenne die Welt besser. Saufen und Huren ist bey Herren von Ihrer Art und Erziehung außer den Ahnen immer noch das einzige, womit sie sich von uns bürgerlichem Pöbel unterscheiden. Halten Sie mir diesen Scherz zur Gnade; ich rede, wie ichs meine. Sie kennen mich schon. Mit einem Worte, gnädiger Herr Obrister, schaffen Sie mir die Pfarre, oder ich trinke, meine Seele! nicht ein Glas Wein mehr mit Ihnen. In dieser Hoffnung verharre ich mit aller Hochachtung,

Gnädigster Herr Obrister,

                              Dero

zum Gebete und unterthänigst zu
dienen stets willigster

                N. Feldprediger.
       

 


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