Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Mein Herr,

Der Herr Stifftsrath hat mir so viel Gutes von Ihnen zu rühmen gewust, daß ich glaube, keine bessere Wahl treffen zu können, als wenn ich Ihnen die durch den Tod meines Pfarrers erledigte Stelle anbiete. Das Amt ist eines der austräglichsten; doch muß ich Ihnen auch dieses sagen, daß die meisten Einkünfte in der Wirthschaft bestehen. Es wird nöthig seyn, daß Sie wenigstens tausend Thaler in Händen haben, um das Inventarium anzuschaffen. Könnten Sie sich mit der Wittwe verstehen, daß sie Ihnen das gegenwärtige Inventarium für ein billiges überliesse, so wären einige hundert Thaler zu ersparen. Sie ist ein billiges Weib, und ich habe sie allemal als eine gute Frau gefunden. Noch eins will ich Ihnen rathen. Wenn die Sache zur Richtigkeit kömmt, so sehn Sie sich nach einer guten Wirthinn um, welche auf dem Lande erzogen ist, und die Haushaltung, besonders die hiesige Landesart, wohl versteht; denn darauf kömmt viel an, sonst sind sie gleich im ersten Jahre ruiniret. Ich überlasse alles Ihrer Einsicht, denn ich bin keiner von denen, welche die Vocationes mit solchen Bedingungen übergeben, die eigennützig sind, oder dem Candidaten zur Last fallen können. Melden Sie mir Ihre Entschlüßung, und ob Sie eine Gastpredigt thun können. Da ich als Officier wenig auf meinem Gute, und unverheirathet bin, auch keine eigne Wirthschaft habe, und auf dem Schlosse bauen lasse; so will ich Ordre stellen, daß Sie in der Pfarre abtreten können, wenn Sie die Gastpredigt thun. Die Wittwe wird Ihnen alle Höflichkeit erweisen. Schreiben Sie mir, so bald Sie können. Mein Reitknecht soll die Antwort bey der Wittwe abholen. Leben Sie wohl.

N. S. Sie sind doch nicht schon mit einem Mädchen versprochen?


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