Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Liebe Jungfer Gevatterinn,

Ich weis nicht, was ich Ihnen rathen soll. So viel ist gewiß, ich möchte lieber des Herrn R – – Vater oder Bedienter seyn, als seine Frau. Er verlangt von Ihnen gar zu viel, gewiß gar zu viel. Mein seliger Mann, tröste ihn Gott! hätte mir so kommen sollen, wie Ihnen Ihr Liebhaber begegnet; mit Füssen hätte ich ihn getreten, den Hund! Es kann unmöglich ein gutes Ende nehmen, da er schon so früh anfängt, die Klauen sehen zu lassen. Das wolle der Himmel nicht, was soll daraus werden! Wir armen Weiber! Wir haben die ganze Wirthschaft, und die Kinder auf dem Halse, wenn unsre Männer aus dem Hause gehen, und vornehmen, was sie wollen. Sollen wir nicht zu Hause unsern Willen haben, da wir ohnedem halbe Sklavinnen sind? Ueberlegen Sie es wohl, Jungfer Gevatterinn, bey Ihren Jahren und bey Ihrem Gelde können Sie allemal wählen, wie Sie wollen. Der junge Herr P – – wird ausser sich seyn, wenn er es erfährt. Sie können es nicht verantworten, daß Sie dem armen P – – beständig so spröde begegnet haben. Verstand hat er freylich nicht, aber desto besser für seine künftige Frau. Hat er doch Geld, und wenn der Vater stirbt, so will er Baron werden, und den Pfefferkram aufgeben. Denken Sie einmal! Frau Baroneßinn! Gnädige Frau Baroneßinn! Wie das klingt! Und wenn Sie den Herrn R – – heirathen, so heißt es Frau R – – schlechtweg, und wenn es hoch kömmt, so kömmt eine Frau Commerzräthinn heraus. Wie gesagt, übereilen Sie sich nicht. Es wäre ewig Schade um Sie. Ich bin &c.

N. S. Wissen Sie denn auch, daß Ihr Herr R – – schon vierzig Jahr alt ist?


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