Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Gnädige Tante,

Sollen denn auch Ihre Bedienten Zeugen von meiner Schande seyn? Viermal bin ich gestern bey Ihnen gewesen. Sie haben verboten Niemanden vor Euch zu lassen. Ich lese es in den Augen aller, die im Hause sind, daß sie von meiner Uebereilung wissen. Gnädige Tante, bringen Sie mich nicht zur Verzweiflung. Ich habe einen Fehler begangen; ich schäme mich dessen; ich sehe es ein, wie unrecht ich an meinem Vater gehandelt habe; ich glaubte es nicht. Ich hielt es für ein unschuldiges Mittel, mein Glück zu befördern. Ich liebe meinen Vater unendlich, noch diesen Augenblick liebe ich ihn so sehr, als jemals. Es war keine Bosheit, nein, Gnädige Tante; Unvorsichtigkeit, eine Thorheit war es, die von der Liebe und Jugend herkam. Verdient denn diese Thorheit, daß Sie mir Ihre Liebe entziehn wollen? daß Sie mich in einer Unruhe lassen, die alle Angst eines Missethäters übertrifft? Haben Sie denn noch keinen Brief von meinem Vater, von meinem beleidigten Vater? Ja! beleidigt habe ich ihn, aber aus Thorheit, nicht aus tückischer Bosheit. Erlauben Sie mir zu Ihnen zu kommen. Ich bin ausser mir!


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