Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Vielgeliebtester Herr Schwager,

Rathsherr möchte ich nun freylich gern werden. Ich habe mir immer so ein Aemtchen gewünscht, bey dem man den Körper schonen kann. Sie wissen es, Herr Schwager, ich bin ein wenig langsam und bedächtig, gut, wie ein Kind; alle heftige Bewegungen leidet mein feister Körper nicht. Aber das wäre recht, wie ich mirs wünschte. Meinen Sie nicht, daß ich es werden könnte? Reden Sie einmal mit dem Herrn Bürgermeister. Er soll einen recht frommen, und lieben Collegen an mir haben; mit Willen wenigstens will ich ihn niemals erzürnen, den ehrlichen Mann! Reden Sie einmal mit ihm. Aber sollte er es wohl nicht gern sehen? Je nun, wissen Sie was, Herr Schwager, wenn es auch nicht ist, so mag es das mal bleiben. Ich möchte ihn nicht böse machen. Reden Sie nur mit ihm. Meine Frau, sie hat auch ihr Köpfchen vor sich, wie eine andre Frau, meine Frau spricht immer zu mir: Mann! wird denn nimmermehr nichts aus dir? Willst du denn ein ewiger fauler Schlingel bleiben? Laß es gut seyn, mein Engelchen, spreche ich zu ihr, es wird sich schon geben! Sehn Sie, Herr Schwager, das wäre nun so eine Ursache, warum ich mich gern in den Rath wünschte. Der liebe Hausfriede! – Sie verstehn mich schon. Das Weibchen ist gut; nur die fliegende Hitze! die, die, die – – wie gesagt, Sie verstehn mich schon. Stellen Sie es dem Herrn Bürgermeister vor. An gutem Willen, und an Geschicklichkeit soll es mir wohl nicht fehlen. Ich habe eine sehr vernünftige Frau; bin ich nur einmal Rathsherr, so kann sie mir mit Rath und That beystehen. Nun es bleibt dabey! Hören Sie einmal, was der Bürgermeister dazu sagt. Uebereilen Sie Sich nicht; kömmt Zeit, kömmt Rath. Ich muß abbrechen; ich habe schon lange geschrieben, und meine Frau läßt mir sagen, ich soll zu Bette gehn. Gute Nacht! Lieber Himmel; es schlägt schon zwölf Uhr – die Nacht habe ich mir gewiß mit dem vielen Schreiben verderbt. Thun Sie Ihr Bestes, Herr Schwager. Ich gähne mich noch todt. Gute Nacht!


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