Gottlieb Wilhelm Rabener
Satiren
Gottlieb Wilhelm Rabener

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Antwort von einem andern Inhalte.

Gnädiger Herr,

Urtheilen Sie selbst, wie groß mein Verlangen seyn muß, adlich zu werden, da mich nicht einmal Ihr Brief hat beleidigen können, so grob und pöbelmäßig er auch abgefaßt ist. Ich verzeihe Ihnen diese Kleinigkeiten, um bey meinen großen Absichten desto glücklicher zu seyn. Da ich schon so lange vergebens auf einen dergleichen ernsthaften Antrag gewartet habe; so greife ich itzt mit beyden Händen zu, ohne auf ihre Person zu sehn, die zu einem Manne, und wozu ich Sie brauchen will, gut genug, im übrigen aber ganz unerträglich ist. Nehme ich die hohe und unverschämte Miene aus, die Sie haben, so finde ich gar nichts, was Sie von den Livreybedienten unterscheiden könnte. Selbst in den prächtigsten Kleidern behalten Sie den Anstand eines Kutschers, und Sie haben nöthig, allen Leuten, wie Sie es in dem Briefe an mich gethan, sehr umständlich zu sagen, wie sorgfältig Ihre Aeltern sich gehütet, ihr adliches Blut mit keinem Bürgerblute zu beflecken; sonst würde, wenn man dieses nicht weis, Ihre selige Frau Mutter in einen Verdacht kommen, der ihr weniger Ehre machte, als ihrem Vorreiter. Ihre Aufführung, Gnädiger Herr, mag vielleicht zu manchen Zeiten der Antichamber Ehre machen, wie Sie mich versichern; ausserdem aber gewiß keinen Gesellschaften. Es ist überflüßig, die Leute mühsam zu überführen, daß Sie nicht studirt haben. Nicht allein dieses sieht man Ihnen sehr wohl an, sondern auch das, daß Sie niemals etwas gelesen, niemals, wenigstens nicht mit Ihrem Willen, in vernünftiger Gesellschaft gewesen, mit einem Worte, daß Sie nicht für die gesittete Welt, sondern für einen Strick Hunde gebohren sind. Was Sie noch von dem Pöbel unterscheidet, und Ihre vornehme Absichten behaupten kann, ist dieses, daß Sie im Begriffe stehn, bankrut zu werden. Sehn Sie, Gnädiger Herr, ich sage es Ihnen auch, wie mir ums Herz ist; und wenn ich das Glück habe, die Ihrige zu seyn, sollen Sie noch mehr erfahren. Ungeachtet dieses nachtheiligen Charakters, den Sie haben, und den ich mir von Ihnen machen muß, bin ich dennoch nicht eine Minute unschlüßig, Ihnen meine Hand zu geben. Genug, Sie sind von Adel, und so ein Mann fehlt mir. Ein Bürger, welcher wohl erzogen, vernünftig, im Umgange artig, in seinen Handlungen redlich, in seiner Nahrung glücklich und sorgfältig, in seiner Liebe uneigennützig und zärtlich, in der ganzen Stadt angesehen ist; ein solcher Bürger würde mich vielleicht zur glücklichsten Frau machen können: allein bey allen diesen Vorzügen ist er doch nur ein Bürger, und diese Geschöpfe kann ich durchaus nicht leiden. Von meiner ersten Kindheit an konnte man mir nicht empfindlicher schmeicheln, als wenn man mich im Scherze, kleines Fräulein, hieß. Bey zunehmenden Jahren fiel dieser Scherz freilich weg; aber ich ersetzte den Verlust dadurch, daß ich mir selbst Mühe gab, mich zu überreden, es sey nichts als ein übereiltes Versehn von der Natur, daß sie mich in meiner bürgerlichen Aeltern Hause hatte lassen gebohren werden, und ich sey vom Himmel zu nichts geringern, als zu einer gnädigen Frau bestimmt. Durch Lesung einiger Romane kam ich vielmals auf den wahrscheinlichen Zweifel, ob ich nicht die Tochter eines Lords, eines Marquis, oder sonst eines vornehmen Cavaliers, und nur wegen einiger politischen Absichten unter dem verdeckten Namen des Bürgers, der mein Vater heißt, in seinem Hause unerkannt erzogen sey. Dem sey, wie ihm wolle; ich mag es itzt nicht untersuchen. Es möchte mir sonst einfallen, daß ich mich weit unter meinen Stand verheirathete, wenn ich die Ihrige würde. Die Zeit wird mir zu lang, auf eine glückliche Entwicklung des Geheimnisses von meiner Geburt zu warten. Sie sollen mich haben, und wenn mein Vater ein Reichsgraf wäre. Aber mit Ihrer Erlaubniß, die Bedingungen, die Sie mir vorschreiben, werde ich mir nicht alle gefallen lassen. Daß Sie mich zur Pfarrfrau, und zu Ihren Bauern verbannen wollen, daraus wird nichts. Bürgerliche Gesellschaft habe ich in meinem Leben nicht leiden können; nun werde ich nicht erst anfangen, mich daran zu gewöhnen. Es konnte mir keine größre Beleidigung wiederfahren, als wenn man mich in Zusammenkünfte, oder auf Bälle bat, wo nichts als bürgerliches Geschmeisse, und für mich keine von Adel waren. Sollte ich mich künftig so wegwerfen, da ich wirklich eine gnädige Frau bin? Glauben Sie mir, daß ich zu leben weis, und daß mir der Umgang mit denen von Adel nichts neues ist. Ich habe Grafen zu Anbetern gehabt, mit Baronen bin ich so vertraut gewesen, als ich kaum mit Ihnen werden kann, und eine ganze Menge junger Edelleute habe ich lassen vergebens seufzen, gegen die ein solcher Dorfjunker, wie Sie sind, gar nichts heißt. Verlassen Sie sich auf mich, man soll mir in der vornehmsten Gesellschaft meine Erziehung nicht ansehn; aber dergleichen Gesellschaft will ich besuchen, schlechterdings will ich sie besuchen, und wenn Sie, Gnädiger Herr, mit allen den altadlichen Damen in leinwandnen Andrienen rasend darüber würden. Urtheilen Sie hieraus, ob ich geneigt bin, mir viel von Hochachtung und Ehrfurcht, von Befehlen und Gehorsam vorschwatzen zu lassen. Das unterstehn Sie sich nur nicht, oder ich will Ihnen Ihren hochadlichen Kopf zu rechte setzen. Darüber aber gebe ich Ihnen mein Wort, und das will ich heilig halten, daß ich Ihnen weder zu Hause noch in Gesellschaften auf eine vertraute Art schmeicheln werde. Es würde mir sehr empfindlich seyn, wenn Sie es thun wollten. Das unterstehn Sie sich nur nicht. Gegen alle Cavaliere werde ich zärtlicher thun, als gegen Sie. Von allen, nur von meinem Manne nicht, will ich mir Schmeicheleyen lassen vorsagen; mit der halben adlichen Welt will ich coquettiren, mit einem Worte, ich will mich so aufführen, daß man glauben soll, ich sey aus dem ältesten Hause. Nur machen Sie mir keine Schande, und lassen Sie sich es etwan einfallen, eifersüchtig zu werden. Pfuy, das wäre sehr bürgerlich! Eben um deswillen heirathe ich Sie, daß ich die Freyheit haben will, Sie ordentlich zum Hahnrey zu machen. Heirathete ich einen guten ehrlichen Bürger; so würde ich es nur können in der Stille thun, und dieser pöbelmäßige Zwang ist mir zuwider. Da ich einen so vornehmen, und Ihrem Range anständigen Entschluß gefaßt habe; so können Sie gewiß glauben, daß ich mich nicht kränken werde, wenn Sie die Drohungen wahr machen, und mich nur selten besuchen. Desto besser! Habe ich Ihren Namen. und Ihr Wappen, so können Sie hingehn, wohin Sie wollen; Sie sind mir ganz überley. Lassen Sie sich unsre armen Kinder nur nicht dauern. Sie sollen an den wenigsten Ursache seyn, auf mein Wort! Dafür lassen Sie mich sorgen, das ist meine Sache; und ich werde Ihnen eine so anständige Erziehung zu geben wissen, daß sie Ihnen ganz unähnlich seyn sollen. Was mein Vermögen anbetrifft; so ist es ganz zu Ihren Diensten. Ich will alle Ihre Schuldleute bezahlen, Ihre Güter will ich frey machen; aber Ihre Güter sollen dafür meine seyn; ich will allein an die Stelle aller Ihrer Gläubiger treten. Führen Sie sich vernünftig und bescheiden gegen mich auf, wie es sich für einen Ehmann gehört; so sollen Sie die Erlaubniß behalten, zu thun, als wären die Güter noch Ihre. Sie sollen der oberste Voigt seyn, und den Unterthanen befehlen, was ich für genehm halten werde. Kommen Sie aber auf den unglücklichen Einfall, meine gütige Nachsicht zu misbrauchen; so schwöre ich Ihnen bey Ihrem Ahnenstolze, ich will grausamer mit Ihnen verfahren, als alle Ihre Gläubiger verfahren sind. Der Ehcontract soll so eingerichtet werden, daß ich allemal das Recht behalte, Sie aus meinen Gütern zu werfen, und eher will ich nicht ruhn, bis ich Sie zum Arrest gebracht habe. Mit einem Worte, es steht bey Ihnen, ob Sie glücklich oder unglücklich seyn wollen. Wählen Sie, was Sie am besten finden. Unsre Vermählung kann vor sich gehn, wenn es Ihnen gefällt. Je eher, je lieber. Bis dahin, und länger nicht, bin ich mit der größten Zärtlichkeit, und mit demüthiger Hochachtung,

Gnädiger Herr,

Ihre

unterthänigste Dienerinn.

N. S. Ich erwarte durch Ihren Kammerdiener Antwort. Der Mensch hat etwas, das mir gefällt.


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