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Philosophen.

Jeremy Bentham.

Krieg ist Unheil im größten Maßstabe.

Eugen Dühring:

Schon der Krieg an sich selbst ist ein nicht geringes Übel; aber der wesentlich nutzlose Kriegszwang, dem die Völker gegenwärtig unterliegen, ist doppelt schlimm. Es gilt dabei keinen würdigen Zweck, für den sich die besser belehrte Menschheit noch erwärmen könnte. Es sind verrottete Überlieferungen oder aber privilegierte Privat- und Klassen-Interessen, welche die Kriege mit den heutigen Zwecken annehmbar finden.

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Für die Volksmenge ist der Krieg mit den gewöhnlichen Zielen stets ein Verlust, gleichviel wer gewinnt oder unterliegt. Er verschlingt Blut und Gut der Einzelnen und stört im Ganzen auch die Volks- und Völkerwirtschaft. Als Rohheit verschlechtert er die Sitten auch für die Friedenszeit; er vermehrt die Brutalität und Frivolität; er hegt und pflegt den grundsatzlosen Übermut und nährt die Neigungen zum Aberglauben, zur frechen Gewaltthat und zur schamlosen Hinwegsetzung über die Gerechtigkeitsrücksichten.

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Die neueste prinzipielle Kriegsära, die man seit den sechziger Jahren datieren muß, hat speziell wieder gelehrt, wie die Sitten selbst nach verhältnismäßig kurzem Kriegsgetriebe verwildern, die Verbrechen und Laster zunehmen, der Köhlerglaube wieder aufgefrischt wird und wie überhaupt alles Bestienhafte und Rückläufige in der Geltung steigt.

Godwin:

Auf unsere Nebenmenschen wie auf eine Scheibe schießen, ihnen allerlei Wunden und Qualen zufügen, sie in ihrem Blute liegen lassen – derlei mag theoretisch für notwendig erklärt werden, aber kein guter Mensch wird mit Befriedigung und Freude daran denken. Durch das Gewinnen einer Schlacht soll die Wahrheit festgestellt, die Sache der Gerechtigkeit gesichert sein! Wahrlich, es bedarf eines außergewöhnlichen Scharfsinns zur Entdeckung eines Zusammenhangs zwischen solchem Riesen-Unheil und der Wahrheit oder Gerechtigkeit!

Hume:

Wenn ich jetzt die Nationen im Kriege gegeneinander sehe, so ist es, als ob ich zwei besoffene Kerle sähe, die sich in einem Porzellanladen mit Prügeln herumschlagen. Denn nicht genug, daß sie an den Beulen, die sie einander beibringen, lange zu kurieren haben, müssen sie noch den Schaden bezahlen, den sie anrichten.

Kant:

Stehende Heere sollten mit der Zeit ganz aufhören. Dieselben bedrohen andere Staaten unaufhörlich mit Krieg durch ihre Bereitschaft, immer dazu gerüstet zu scheinen, reizen diese an, einander in Menge der Gerüsteten, die keine Grenzen kennt, zu übertreffen, und indem durch die darauf gewendeten Kosten der Friede endlich noch drückender wird, als ein kurzer Krieg, so sind sie selbst Ursachen von Angriffskriegen, um diese Last loszuwerden.

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Der Krieg ist der Quell aller Übel und Sittenverderbnis, das größte Hindernis des Moralischen.

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Für Staaten, im Verhältnisse untereinander, kann es nach der Vernunft keine andere Art geben, aus dem gesetzlosen Zustande, der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als daß sie, ebenso wie die einzelnen Menschen, ihre wilde (gesetzlose) Freiheit aufgeben, sich zu öffentlichen Zwangsgesetzen bequemen, um so einen Völkerstaat, der zuletzt alle Völker der Erde umfassen würde, zu bilden.

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Die Dankfeste für einen während des Krieges erfochtenen Sieg, die Hymnen, die dem Herrn der Heerscharen gesungen werden, stehen mit der moralischen Idee des Vaters der Menschen in nicht minder starkem Kontrast, weil sie außer der Gleichgiltigkeit wegen der Art, wie Völker ihr gegenseitiges Recht suchen (die traurig genug ist), noch eine Freude hineinbringen, recht viele Menschen oder ihr Glück vernichtet zu haben.

Lao-tse (500 J. v. Chr. Geb.):

Ein unrühmlicher Frieden ist einem noch so glänzenden Kriegserfolge vorzuziehen: der strahlendste Sieg ist doch nur Widerschein einer Feuersbrunst. Wer sich mit Lorbeeren schmückt, liebt Blut und verdient weggelöscht zu werden aus dem Andenken der Menschen. Die Alten sagten, den Siegern dürfe man nur Leichenfeierlichkeiten darbringen; man empfange sie mit Thränen und Wehklagen zur Erinnerung an die Menschenmorde, welche sie begangen haben. Die Denkmäler für ihre Siege umgebe man mit Gräbern.

Micius (Zeitgenosse von Confucius):

Einen Menschen töten, heißt Ungerechtigkeit und muß die Schuld einer Todesstrafe haben. Das Töten von zehn Personen ist also zehnfache Ungerechtigkeit, das Töten von 100 Personen hundertfache. Das erkennen alle Edlen und verdammen es, aber die größte Ungerechtigkeit, den Angriffskrieg auf einen Staat, verdammen sie nicht, beloben ihn sogar! Darum bringt man die Erzählung dann in Bücher zur Überlieferung auf die Nachwelt. Erkennte man die Ungerechtigkeit, würde man wohl Bücher darüber schreiben, um sie auf die Nachwelt zu bringen?

Friedrich Nietzsche:

Dank der krankhaften Entfremdung, welche der Nationalitätswahnsinn zwischen die Völker Europas gelegt hat und noch legt, Dank ebenfalls den Politikern des kurzen Blicks und der raschen Hand, die heute mit seiner Hilfe obenauf sind und gar nicht ahnen, wie sehr die auseinanderlösende Politik, welche sie treiben, notwendig nur Zwischenaktspolitik sein kann – Dank alledem und manchem heute ganz Unaussprechbaren werden jetzt die unzweideutigsten Anzeichen übersehen oder willkürlich und lügenhaft umgedeutet, in denen sich ausspricht, daß Europa Eins werden will.

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Ist das Heer wirklich das Mittel, den Frieden zu erhalten? Zwar gibt jetzt keine Regierung zu, daß sie das Heer unterhalte, um gelegentliche Eroberungsgelüste zu befriedigen; sondern der Verteidigung soll es dienen. Jene Moral, welche die Notwehr billigt, wird als ihre Fürsprecherin angerufen. Das heißt aber: sich die Moralität und dem Nachbar die Immoralität vorbehalten, weil er angriffs- und eroberungslustig gedacht werden muß, wenn unser Staat notwendig an die Mittel der Notwehr denken soll; überdies erklärt man ihn, der genau ebenso wie unser Staat die Angriffslust leugnet und auch seinerseits das Heer vorgeblich nur aus Notwehrgründen unterhält, durch unsere Erklärung, weshalb wir ein Heer brauchen, für einen Heuchler und listigen Verbrecher, welcher gar zu gern ein harmloses und ungeschicktes Opfer ohne allen Kampf überfallen möchte. So stehen nun alle Staaten jetzt gegeneinander; sie setzen die schlechte Gesinnung des Nachbars und die gute Gesinnung bei sich voraus. Diese Voraussetzung ist aber eine Inhumanität, so schlimm und schlimmer als der Krieg, ja, im Grunde ist sie schon die Aufforderung und Ursache zu Kriegen, weil sie, wie gesagt, dem Nachbar die Immoralität unterschiebt und dadurch die feindselige Gesinnung und That zu provozieren scheint. Der Lehre von dem Heer als einem Mittel der Notwehr muß man ebenso gründlich abschwören als den Eroberungsgelüsten.

Schelling:

Es ist an kein sicheres Bestehen auch nur einer einzelnen Staatsverfassung zu denken, ohne eine Föderation aller Staaten, die sich wechselseitig ihre Verfassungen garantieren, so daß für die Streitigkeiten der Völker unter einander ein allgemeiner Völkerareopag, zusammengesetzt aus Mitgliedern aller kultivierten Nationen, existiert, welchem gegen jedes einzelne rebellische Staatsindividuum die Macht aller übrigen zu Gebote steht.

Herbert Spencer:

Der Krieg hat nunmehr seine Zeit durchgemacht und die bürgerlichen Tugenden bedürfen eines langen Friedens, um den europäischen Völkern das Gedeihen zu sichern, dessen Notwendigkeit sie fühlen.

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Der wichtigste Schluß, in welchem alle Teile unserer Studien zusammenlaufen, ist, daß die Möglichkeit eines höheren gesellschaftlichen Zustandes in der Politik, wie im allgemeinen, von einer fundamentalen Thatsache abhängt: vom Aufhören der Kriege. Nach allem, was wir gesagt, ist es unnötig, noch weiter auf die Folgen des beharrenden Militarismus hinzuweisen, welcher, indem er die Institutionen, die einmal der Kriegsführung entsprochen haben, erhalten will, die Veränderungen im Sinne von gerechteren Institutionen hindert oder neutralisiert; während hingegen der dauernde Friede notwendig soziale Verbesserungen aller Art im Gefolge haben wird.

Voltaire:

Da grübeln wir so viel über unsere Pflichten, da ergründen wir so fleißig unsere Leiden und Schwächen; wir donnern gegen das Laster, gegen verschiedene Fehler, die der Gesellschaft nur wenig schaden. Welche Stimme aber unter den berufenen Tugendpredigern hat sich je gegen dieses so große und allgemeine Verbrechen erhoben, das die zu brüderlichem Leben bestimmten Menschen in wilde Bestien verwandelt, gegen die entsetzlichen Verwüstungen des Krieges, gegen die Grausamkeit, die unsre Erde in ein Räuberlager, ein großes grauenvolles Grab verwandelt?

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Solange aus nichtigen Gründen Tausende unsrer Mitmenschen geopfert werden können, sind alle Heldenthaten etwas Entsetzliches. Wo bleiben und was nützen mir Wohlthätigkeit, Bescheidenheit, Mäßigkeit, Sanftmut, Weisheit und Frömmigkeit, wenn ein halbes Pfund Blei, aus sechshundert Schritt Entfernung abgeschossen, meinen Körper zerreißt und ich mit zwanzig Jahren unter unsäglichen Qualen inmitten von fünf- bis sechshundert anderen Sterbenden sterben muß und ich brechenden Auges meine Vaterstadt durch Feuer und Schwert zerstört sehe? Und das alles wegen der angeblichen Rechte eines Menschen, den wir gar nicht einmal kennen!

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Die Hungersnot, die Seuche und der Krieg sind die drei gräulichsten Dinge hienieden ... Die beiden ersten Geschenke verdanken wir der Vorsehung, aber der Krieg, welcher diese Gaben vereinigt, entsteht nach dem Belieben von drei- bis vierhundert Menschen, die über die Fläche dieses Erdballs verteilt sind.

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Der Krieg – diese Landplage und dieses Verbrechen, worin alle Landplagen und alle Verbrechen enthalten sind! ... Alle vereinigten Laster aller Zeiten und Länder werden nicht dem Unheil gleichkommen, welches ein einziger Krieg verursacht.

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Das Sonderbarste ist, daß jeder Kriegsherr seine Fahnen segnen läßt und, bevor er auszieht, Gott feierlich anruft. Hat er nur das Glück, in einem Gefecht zu siegen, bei dem bloß zwei- bis dreihundert Mann fallen, so ist das keines Dankes wert; gewinnt er jedoch eine Schlacht, in welcher zehntausend Menschen umgekommen sind, oder gelingt es ihm gar, eine befestigte Stadt zu zerstören, so wird ein Choral gesungen.


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