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An Wereschtschagin!

O riefst du ein Pfingsten der Menschheit heran!
O sprächst du mit feurigen Zungen!
O wäre dir, gottbegnadeter Mann,
Das Ungeheure gelungen!

Entstiege dem Grausen, das uns durchfährt,
Wenn wir schauen die blut'gen Gestalten,
Eine Gotteshand, die die Mächt'gen beschwört,
Ihr Schwert in der Scheide zu halten!

Das ist der Krieg, ihr Mütter wißt's!
Umflattert von Geiern und Raben.
So würgt er, würgt, die ihr herzt und küßt,
Eure jungen, blühenden Knaben!

Und was sich da windet im grimmen Weh,
Was grausend dein Auge bewundert,
Das ist kein Schreckbild von einst, von eh',
Aus grauem, verschollnem Jahrhundert!

Noch knattern die Salven, noch blitzt der Stahl,
Noch pfeifen Kartätschen und Bomben,
Noch opfert die Welt ihrem Kriegsgott Baal
Ihre schrecklichen Hekatomben.

Wann war's doch, da der Blutstrom rann
Von der Schipka weißem Gesteine? –
Mein stolzes Jahrhundert, sieh hin – und dann
Verhülle dein Haupt und weine.

Und dein Antlitz blaß und den Blick gesenkt,
Sieh, wie an der Wand da drüben
Eine Hand mit Flammen und Blut getränkt
Ihr Mene Tekel geschrieben.

Ruft laut, ihr Bilder, an Schrecken reich,
Ruft laut, daß die Welt es durchdringe!
Macht Herzen klopfen, macht Wangen bleich,
Auf daß eure Sendung gelinge!

Zieht weiter! Dröhnet als Warnruf drein,
Wo sich Völkergeschicke bereiten!
O senktet ihr euch als Saatkorn ein
Eines Friedens kommender Zeiten!

Pauline Schanz.


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