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Aus »Lysistrata«.

Lysistrata.

Wir trugen ja stets den bisherigen Krieg und der Zeit Drangsale geduldig
Durch unsern fromm nachgebenden Sinn, was auch ihr Männer verübtet,
Nicht mucksen einmal ließet ihr uns. Bald aber gefielt ihr uns gar nicht.
Wir kannten vielmehr euch ziemlich genau und oftmals, sitzend daheim, so
Wol höreten wir, wie üblen Rat ihr gefasst, wann Großes im Werk war.
In der Seele betrübt dann pflegeten wir euch wohl zu befragen mit Lächeln:
»Was ward dann verfügt um den Friedensvertrag, das dort in der Säule gekerbt sei,
Im versammelten Volk heut frühe von Euch?« – »Was verschlägt dir's,« sagte der Mann wol;
»Still schweigest du bald?« Ich dann schwieg still.

Eine Andere.

Niemals hätt' ich da geschwiegen!

Ratsvormann.

Dann heultest du wohl, wenn du nicht stillschwiegst?

Lysistrata.

Ich traun schwieg still in der Wohnung.
Noch ein anderes Thun heilloseren Rats kam uns zu den Ohren von euch da.
Da fragten wir wohl: »Wie, trautester Mann, wie machtet ihr das so bedachtlos?«
Gleich rief er, mich scheel anblickend daher: »Wenn ich nicht fortspänne den Aufzug,
Ototö sollt' ich laut schrei'n um das Haupt. Für den Krieg liegt den Männern die Sorg' ob«.

Ratsvormann.

Ganz recht ja hat er geredet, bei Zeus!

Lysistrata.

Ganz recht, o Geplagter vom Dämon!
Wenn euch, die so arg ihr berietet, euch selbst nicht Rat zu erteilen vergönnt war?
Da jetzo wir euch auf den Gassen umher schon öffentlich sagen gehört:
»Kein Mann ist sonst in unserem Land – o bei Zeus kein anderer ist mehr!«
Drauf folgte von uns alsbald der Beschluß, Hellas zu erhalten gemeinsam,
Vor den sämtlichen Frauen in Versammelung hier, denn wozu noch lange gezaudert?
Wenn unser'm heilsamen Worte demnach nun eurerseits ihr Gehör gebt
Und eurerseits auch schweiget wie wir, noch zurecht wohl bringen wir euch da.

Ratsvormann.

Noch zurecht ihr uns? Ein gewaltiges Wort und mir unerträgliches!

Lysistrata.

Schweig da!

Ratsvormann.

Dir schweigen, Verdammteste du, soll ich? und das, da die Haube du tragest
Um die Scheitel gehüllt! Nein, lieber den Tod!
Wie würden von euch denn zur Ruhe gebracht so viel der verworrenen Händel
In den Landen umher und wieder gelöst?

Lysistrata.

Mit Gemütlichkeit.

Ratsvormann.

Wie? So erkläre es.

Lysistrata.

Wie, wenn das Gespinnst bei der Arbeit uns in Verwirrung gerät, wir es nehmen
Also und zurecht an der Spindel es ziehn, eins hierher, anderes dorthin:
So werden wir auch jetzt lösen den Krieg, wenn nur solches uns vergönnt ist,
Da wir alles zurecht durch Gesandschaft ziehn eins hierher, anderes dorthin.

Ratsvormann.

Nach Wollarbeit und Gespinnste demnach und Spindelchen wollet ihr abthun
Furchtbare Geschäfte, unbesonnene Frauen?

Lysistrata.

Und wenn euch beiwohnete Scharfsinn,
Ihr fügtet nach unserer Wollarbeit auch die sämtliche Staatsverwaltung.

Ratsvormann.

Wie denn so? Lass' sehen.

Lysistrata.

Nun, zuerst kommt Not, wie ein wolliges Vließ in dem Zuber.
Aufspülen die Frauen von dem Schafsunrat, aus der Stadt kopfüber zu tummeln,
Mit der Gerte gestäupt, armseliges Pack und davon auch zu lesen die Disteln;
Auch jene, die dort sich zusammengestellt und so vordrängen sich selber.
In den Würden der Stadt, auseinander zu ziehn und ihnen das Haupt zu berupfen,
Dann krämpele man in das Körbchen hinein ein gesamt Wohlwollen gemeinsam,
Und mische dazu auch die Einkömmling und wer Gastfreund euch und geliebt ist,
Und wer schuldig vielleicht dem Gemeingut ist, auch die mischt alle darunter,
Ja wahrlich, bei Zeus, auch die Städte so viel aus dem Land hier nahmen die Buben,
Die kennet heraus als solche, die gleichsam wie die Wolken zerstreut sind,
Jedweder allein; und von allen gesamt den vereinzelten Wocken euch nehmend,
Hierher sie gebracht und zusammen in eins sie geballt; dann mache man hieraus
Den gewaltigsten Flausch und aus diesem sodann für das Volk sei gewebet ein Mantel!

Aristophanes.
(Übersetzt von J. H. Voss.)


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