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Auf dem Schlachtfelde.

»Dort war's, und dort! Da oben! Da könnt ihr alles seh'n.
Hier mußten an zwei Stunden sie still im Feuer steh'n!
Dort standen die Kanonen. Ich hör' und fühl' es noch,
Das Prasseln und das Donnern und wie nach Blut es roch!
Und dort, dort stand mein Häuschen ... Wie Hagel kam's herein!
O Gott, mein Lebtag denk' ich an diese Angst und Pein.
'ne Kuh hatt' ich im Stalle, – sie trieben sie hinaus.
Mein Acker ward verwüstet, verbrannt mein kleines Haus!
Hier fielen wohl die meisten, – welch Wut- und Schmerzgeschrei!
Nun ruh'n sie dort am Hügel, – mein Sohn ist auch dabei.« – –

O wunderbar gesegnet', o üppig fruchtbar' Land,
Geackert und gepfleget von fleiß'ger Menschen Hand!
Wie lange wird es währen, bis du aufs neu zerzaust,
Bis wieder Kriegesfurie entfesselt in dir haust?
Bis wieder grimmer Wahnsinn den eignen Fleiß zerfetzt,
Bis wieder sich die Völker mit Phrasen aufgehetzt?
»Mit Ruhm und Waffenehre, für Gott und Vaterland!«
O Gott! o wahre Ehre! wie werdet ihr verkannt!
Wenn Einer Einen mordet, dann giebt's ein groß Geschrei,
Wenn Tausende sich morden, dann denkt man nichts dabei.
Wenn Einer Einen mordet, war's Haß, war's Beutesucht:
Der Mörder wird verstoßen, verachtet und verflucht.
Wenn Tausende sich morden, dann wird's 'ne große That!
Trophäen, Feindesbeute, Kriegsrecht nach Gottes Rat!
Da gilt's »des Landes Ehre«, »des Volkes Heiligtum«,
Da gilt's die »Waffenehre«, da gilt's den »Schlachtenruhm«.
Da beten alle beide, daß tötlich sei ihr Blei,
Die Priester segnen, weihen und – bleiben ernst dabei.
Da wird auf beiden Seiten um Hilfe Gott gefleht;
Auf beider Gegner Banner das »Recht«, die »Freiheit« steht ...
Was sind denn Recht und Ehre, was Freiheit, Vaterland,
Wenn die Entscheidung drüber liegt nur in Wen'ger Hand?
Wenn eines Einz'gen Willkür, wenn Ein'ger Machtgebot
Für hunderttausend Andre ist Untergang und Tod?

Dort liegen sie und ruhen von ihrer Todesqual,
Die sich gemordet haben, weil Einer es befahl,
Weil man der »Waffenehre« Genüge thun gemußt,
O Weiber, Kinder, Mütter! o hättet ihr's gewußt!
Wozu die bange Sorge, mit der du manche Nacht
An deines Lieblings Bette, o Mutter, hast gewacht?
Daß deines Alters Stütze, daß einst dein Trost er sei.
Jetzt liegt er da erschossen – – man findet nichts dabei!
Man jubelt, lärmt, trompetet, setzt ihm ein Kreuz aufs Feld,
Bescheinigt ihm zur Grube, daß brav er fiel als »Held«!
Man feiert Siegesfeste, – Tedeum, Glockenton.
Könnt ihr damit erwecken nur einer Mutter Sohn?
Mit Achselzucken weist man der Mutter Schmerz zurück;
Um sie zu trösten, nennt man's die »hohe Politik«.
O, trockne deine Thränen! es ist ein hart Geschick;
Doch daß dein Sohn erschossen, o nenn' es noch ein Glück!
Wär' er zum Krüppel worden, bekreuzt wär' seine Brust,
Dann aber hätt' er hungern und betteln noch gemußt,
Und mit ihm tausend andre. O Wahn! o Wahn der Zeit!
Wie lange wird es währen, bis wir von dir befreit
?
Bis alle Völker einig in diesem einen Wort:
Wir wollen keine Kriege, wir wollen keinen Mord! – –
Nicht Ruhm, nicht »Waffenehre«, nicht schnöder, hohler Tand, – –
Das Recht des ärmsten Bürgers, – das sei des Landes Wall! – –
Und dieses Recht zu wahren, das sei des Kampfes wert;
Der einz'ge Krieg der Zukunft sei für den eignen Herd ...
O, sprecht es aus, ihr Völker, sprecht endlich aus das Wort:
Wir wollen keine Kriege, wir wollen keinen Mord! – –
Horch, Trommeln und Trompeten! ... O Wahn, o Wahn der Zeit!
Wie lange wird es währen, bis wir von dir befreit?!

Johannes Guttzeit.


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