François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Fünfzehntes Kapitel

Wie der Schick-aner die alten Hochzeitsbräuche erneuern will

Nachdem der Schick-aner ein groß Glas Bretanierwein hinuntergeschlappt hatte, sprach er zum Burgherrn: ›Gestrenger Herr, was denkt Ihr doch? Teilt man bei Euch kein Brautsuppe aus? Kreuz Sackerlot! Alle guten Bräuche gehn bei uns schlafen; man findet keinen Hasen mehr auf seinem Loch, es gibt keine Freunde auf Erden mehr. Denkt, hat man nicht die alten Weihnachtstrinkgelage an mehrern Kirchen schon abgestellt? Es geht zur Neige mit der Welt, Aufgeschaut! Das ist Brautsupp, Brautsupp, Brautsupp!‹ Damit schlug er auf Basché und sein Weib, auf die Zofen und auf Oudart los. Da sausten die Handschuhe so kräftiglich, daß des Schick-aners Kopf an neun Stellen zermalmt ward; dem einen Zeugen ward der rechte Arm aus der Pfann gehauen, dem andern der Oberkiefer ausgehängt, daß er ihm halb das Kinn zudeckte, nebst sehr beträchtlichen Verlust an Stock-, Backen- und Schneidezähnen. Auf ein neues Paukensignal verbarg man die Handschuh unvermerkt, frisches Naschwerk wurde aufgetragen, das Prassen ging von neuem an. Während die guten Käuz nun soffen und Bescheid taten, vermaledeite und verfluchte Oudart die Brautsupp; er behauptete, der eine Zeuge hätte seine ganze eine Schulter zertrümmert. Der entkieferte Zeuge faltete die Hände und bat ihn schweigend um Pardon, denn reden konnt' er nicht. Loire beschwerte sich, der entarmte Zeuge hätt' ihm den einen Ellenbogen so arg zerboxt, daß er davon ganz aus dem Knorren experuckatzigarambolierunkulawenzelt wär.

›Was aber‹, sprach der Pauker Trudon, und verbarg sein linkes Aug im Schneuztuch, wobei er auf den eingeschlagenen Boden seiner Heerpauke wies, ›was hab' ich ihnen zuleid getan? Man schlägt wohl Hochzeitspauken, aber den Pauker, den traktiert man, den hält man hoch, den schlägt man nicht. Jetzt kann sich der Teufel 'ne Mütz draus machen.‹ – ›Bruder‹, sprach der Schick-aner mit dem Armstumpf zu ihm, ›ich geb dir ein schönes, großes, altes Patent vom vorigen Jahr, ich hab's hier im Quersack; da kannst du dir dein Pauke mit flicken, und um Gott und unser lieben Frauen willen, vergib's uns, ich hab's nit bös gemeint.‹

Einer der Kämmerer hinkte und ächzte, und er hielt sich an den Zeugen, der den Kiefer statt eines Sacktuchs vorm Maul trug, und sprach zu ihm: ›Seid Ihr Klipp-, Klopp- oder Klöppelbrüder? War's nicht genug, daß Ihr uns alle obern Teile mit schweren Sohlentritten kataxamomischimaruffelt habt, mußtet Ihr auch noch mit spitzigen Stiefeln uns solche Patunkamaschariparummelpüff auf die Schienbeine geben? Nennt Ihr das Spaß treiben?‹ – Mit gefaltenen Händen schien ihn der Zeuge um Pardon anzuflehen und murmelte immer mit der Zunge, mum mum berlum wum wum, wie ein Meeraff.

Der Haushofmeister hielt seinen Arm wie ganz morschabikamatscht in der Schärpe. ›Die Hochzeit49, sprach er, ›hat mich der Teufel mit feiern heißen; mir sind will's Gott die ganzen Arme davon kaponikuranzomaschuckert. Nennt ihr das eine Trauung? So mag der Schinder trauen.‹ – Der Schick-aner sprach nicht weiter. Die beiden Zeugen entschuldigten sich, daß sie nicht aus böser Absicht geschlagen hätten; man möcht's ihnen um Gottes willen diesmal verzeih'n. So zogen sie ab. Eine halbe Stunde später fühlte der Schick-aner sich etwas unwohl. Die Zeugen kamen zu Haus an, bezeugten laut und öffentlich, daß sie noch nie einen bravern Mann als Herrn von Basché gefunden hätten, nie ein so stattliches Haus wie seins, und einer solchen Hochzeit in ihrem Leben nicht beigewohnt hätten; die Schuld läg' aber an ihnen allein, weil sie zuerst geschlagen hätten. Seitdem glaubte alles steif und fest, daß Baschés Geld den Schick-anern, Schergen und Zeugen verderblicher und tödlicher sei als gestohlenes Opfergeld, und fortan ließ man den Herrn in Ruh, und Baschés Hochzeit wurde im Volk zum Sprichwort.«


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