François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Zweites Kapitel

Wie Pantagruel auf dem Eiland Nirgendwo allerhand schöne Sachen kauft

Diesen und die zwei folgenden Tage sahen sie weder neues Land noch sonst was Neues, denn sie waren des Wegs schon öfter gekommen. Am vierten entdeckten sie ein Eiland namens Nirgendwo, gar schön und lustig anzusehen wegen der großen Zahl hoher, marmorner Leuchttürme, womit der ganze Umkreis desselben verziert war.

Pantagruel frug nach dem Landesherrn und hörte, daß es der König Philophanes war, der soeben verreist und auf der Hochzeit seines Bruders Philotheamon mit der Infantin des Königreichs Engys sei. Sie landeten also im Hafen und nahmen, derweil das Schiffsvolk Wasser lud, allerlei Schildereien, Tapeten, verschiedene Tiere, Fische, Vögel und andre ausländische fremde Kaufmannswaren in Augenschein, die auf dem Molo und in den Hafenhallen zum Kauf ausstanden. Denn es war just der dritte Tag des großen und solennen Markts daselbst, wozu alljährlich die berühmtesten und reichsten Kaufleute aus Afrika und Asien kamen. Von denen kaufte sich Bruder Jahn zwei auserlesene und rare Bilder. Auf dem einen war eines Leichenbitters Gesicht natürlich nach dem Leben gemalt; das andere war das Konterfei eines Bedienten, der einen Herrn sucht, nach allen benötigten Qualitäten, Gang, Mienen, Handstellung, Gebärden und Physiognomie. Bruder Jahn zahlte sie mit Wartegeld.

Panurg kaufte ein großes Bild, nach dem weiland durch Philomele verfertigten Stickwerk gemalt, darin sie ihrer Schwester Prokne abbildete und schilderte, wie ihr Schwäher Tereus sie entjungfert und der Zunge beraubt, daß sie den Frevel nicht klagen konnte. Ich schwör' euch beim Stiel der Axt, daß es ein treffliches und wundersames Bild war. Ihr könnt's jetzt noch in Thelem sehen, es hängt im obern Gang links von der Tür.

Pantagruel ließ durch Gymnast Achillens Leben und Taten kaufen in achtundsiebzig vier Klafter langen, drei Klafter breiten Gobelins, sämtlich von phrygischem Seidenstoff mit Gold- und Silberstickerei. Die Tapete fing an mit der Hochzeit Peleus' und Thetis', ging dann fort zu Achillens Geburt und dessen Jugend, zu seinen Werken und Waffentaten, Tod und Leichenbegängnis und schloß zuletzt mit der Erscheinung seines Schattens. Auch drei schöne junge Einhörner ließ er kaufen, ein männliches von Schweißfuchsfarben und zwei Weiblein, grauscheckig wie die Apfelschimmel.


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