François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Dreiunddreissigstes Kapitel

Wie die Prozesse zur Welt kommen und wie sie groß wachsen

Deshalb wart ich nun«, fuhr Gänszaum fort, »wie ihr andern Herrn, so lang, bis der Prozeß ganz reif und gewachsen ist in allen Gliedern, das heißt in seinen Sätzen und Akten.

Denn ein Prozeß, wann er zur Welt kommt, scheint mir, wie auch euch andern Herrn, unförmlich, roh und mißgestalt. Wie ein junger neugeborener Bär weder Hand noch Füße, Haut, Haar noch Haupt hat, nichts als ein roh unförmiges Stück Fleisch ist, dem die Bärin durch Lecken erst die Glieder bilden muß. Wie ihr andern Herrn, so machen auch die Schergen, Häscher, Büttel, Anwälte, Schikanierer, Prokuratoren, Kommissarien, Advokaten, Inquisitoren, Registratoren und Kanzelisten, indem sie hitzig und immerzu an den Beuteln der Kunden saugen, ihren Prozessen Köpfe, Füße, Hände, Zähne, Schnäbel, Klauen, Adern, Venen, Nerven, Muskeln und Säfte, mit einem Wort: Akten (Gloss. de cons. d. 4, accepisti).«

»Schon recht, schon recht«, sagte Breitmaul; »doch wie, mein Freund, verfahrt Ihr in Kriminalfällen, wenn man den Schuldigen in flagranti betroffen hat?« – »Just wie ihr andern Herrn«, sprach Gänszaum. »Zu Eingang des Prozesses heiße ich den Kläger tüchtig ausschlafen, und dann wiederum vor mir erscheinen mit gutem und gültigem Schlafattest (gloss. 37. q. 7. c. Si quis cum).

Dieser Vorgang zeugt ein neues Glied, dies wieder eins, wie aus Masche für Masche das Panzerhemd gefertigt wird. Kurz, endlich sehe ich meinen Prozeß durch Information geklärt und in allen Gliedern wohl ausgewachsen. Jetzt greif' ich wieder zur Entscheidung, zu meinen Würfeln.«


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