François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Achtes Kapitel

Wie Grandgoschier des Gargantua wunderbaren Verstand an Erfindung eines Arschwisches erkannte»Die Willkür, mit der Franz I. die städtischen Freiheiten und Privilegien verhöhnte, beschnitt, kassierte, sich gleichsam daran den Hintern wischte, wenn er zu seinen Ausschweifungen Geld bedurfte, wird hier versinnbildet.« Bernier.

Gegen das End des fünften Jahres, als Grandgoschier von seinem Sieg über die Canarier heim kam, besucht' er seinen Sohn Gargantua. Da ward er erfreut, wie ein solcher Vater, der einen solchen Sohn ansiehet, sich erfreuen durft': halset' und küßt' ihn und fragt ihn allerlei kleine kindische Fragen, trank auch zum Willkomm eins mit ihm und seinen Wärterinnen. Die befragt er unter andern gar besorglich, ob sie ihn auch fein sauber und reinlich gehalten hätten. Wogegen ihm Gargantua zur Antwort gab, er hätt' hierauf sich so beflissen, daß im ganzen Land kein reinerer Knab als er zu finden war. – »Ei wie dann so?« frug Grandgoschier. »Ich hab«, antwortet' Gargantua, »durch lange Praktik und Erfahrung das allerherrlichst, trefflichst und probatste Mittel mir den Arsch zu wischen erfunden, dergleichen man noch je erhöret.« – »Nun, was ist's?« frug Grandgoschier. – »Was ich Euch gleich erzählen werd«, sprach Gargantua.

»Ich wischt' mich einmal mit dem sammetnen Schleier einer Dame und fand's gut, denn die Weichheit der Seide macht' mir am Sitzfleisch eine ziemliche Wollust.

Ein andres Mal mit einer Haube von eben derselben, und war desgleichen.

Ein andres Mal mit einem Brusttuch: wieder ein andermal mit den karmesinatlasnen Ohrhäublein; aber ein läusegüldener Plunder von Perlen und Gebräms daran zerschund mir den ganzen Hintersten. Schlag doch der Blutschiß dem Goldschmied auf den Arschdarm, der's gemacht hat, und dem Weibsstück, das es trug!

Dies Übel verging, als ich mich mit einem Pagenbarett wischt', auf Schweiz'risch mit Federn wohl beblümt.

Hernach, wie ich einmal mein Notdurft hinter einem Busch tat, fand ich da eine Märzkatz und wischt' midi dran. Ihre Krallen aber verschwulsteten mir den ganzen Mastdarm. Ich heilt' mir's am andern Morgen, da ich mich mit meiner Mutter wohlparfümierten Handschuhen wischt'. Darnach wischt' ich mich mit Salbei, mit Fenchel, Majoran, Anis, mit Rosen, Kohl, mit Kürbisblättern, Weinlaub, Eibisch, mit Wollenkraut, mit Lattichblättern, mit Spinat – und tat alles meinem Bein sehr wohl; mit Bingeln, mit Wasserpfeffer, mit Nesseln, mit Rittersporn, aber davon kriegt' ich die Lombardische Blutscheiß. Kuriert' mir's wieder, als ich mich mit meinem Latz wischt'. Darauf wischt' ich mich mit Laken, Decken, Umhäng, mit einem Kissen, mit einem Teppich, mit der grünen Tapete, Schneuztüchel, Salveten, mit einem Puderhemd. Und hat mir alles wohler gedäucht als dem Räudigen, wenn man ihn krauet.« – »Wohl!« sprach Grandgoschier, »aber welcher Arschwisch bedünket dir der beste zu sein?« – »Ich komm' schon drauf«, sprach Gargantua, »gleich sollt ihr das Kurz und Lang davon hören. Ich wischt' mich mit Heu, mit Stroh, mit Werg, mit Haar, mit Woll, mit Papier, allein:

Wer mit Papier sein wüscht Loch fegt,
Stets einen Zundel läßt am G'mächt.«

»Ei was!« rief Grandgoschier, »mein kleiner Hodenmatz, ich mein, du hast zu tief in die Kann geguckt, daß du schon reimest?« – »Hui«, antwortet' Gargantua, »ich reim' was Zeug hält, mein Herr König, und reim' mich oft unreimisch drüber.

Merket, diesen Rundreim:

Als ich mich eines Tags laxiert,
Beroch ich meine Leibesfracht.
Das stank weit mehr, als ich gedacht.
Ich war davon ganz parfümiert.
O daß mir einer hergeführt
Diejenige, nach der ich schmacht.
  Beim Scheißen.

Denn alsbald hätt' ich ihr pitschiert
Ihr Harnloch grob und ungeschlacht,
Derweil sie mit den Fingern sacht
Mein Loch vom Kote renoviert
  Beim Scheißen.

Nun sagt hinfort mehr, daß ich nix könn'. Und hab' es doch, beim Exkrement! nicht einmal selbst gemacht. Vielmehr, die Frau Bas dort hat mir's oft vorgesagt, da hab' ich's dann im Ränzel meines Gedächtnis so aufgespart.«

»Aber«, sprach Grandgoschier, »wiederum auf unsere Sach zu kommen –«

»Auf welche?« frug Gargantua, »aufs Kacken?« – »Nein«, sprach Grandgoschier, »auf die Arschwische.« – »Aber wollt ihr«, sprach Gargantua, »auch ein Lägel Bretannierwein zahlen, wenn ich in dieser Materie euch lahmleg?« – »Ei freilich!« antworte Grandgoschier.

»Den Arsch zu wischen«, spricht Gargantua, »tut nicht not, es sei denn Dreck dran. Dreck kann nicht dran sein, wenn man nicht zuvor gekackt hat: gekackt also muß sein, eh man den Arsch kann wischen.« – »Ei, mein klein Bürschlein«, spricht Grandgoschier, »wie bist du g'scheit! Dieser nächsten Tag laß ich dich zum Doktor der lustigen Künste schlagen. Du hast bei Gott mehr Verstand denn Alter.

Nur fahr jetzt fort, ich bitt' dich drum, in dieser arschwischlichen Wissenschaft! Und bei meinem Bart, statt eines Lägels sollst du sechzig Tonnen haben, und zwar von diesem edlen Bretannier, der gar nicht in Bretannien wächst, sondern hieselbst in unserm guten Land Verron.«

»So wischt' ich mich«, sprach Gargantua, »weiter mit einer Nachtmütz, mit einem Pantoffel, mit einem Kopfkissen, mit einem Ränzel, mit einem Spreukorb; aber, oh, des sehr unlieblichen harten Wisches! Darauf mit einem Hut, und hiebei merket, daß von diesen Hüten etlich glatt sind, etlich rauh, etlich sammten, etlich von Atlas. Die besten von allen sind die rauhen, denn sie bewirken eine sehr gute Entfernung der Fäkalmaterie.

Hernach wischt' ich mich mit einem Huhn, mit einem Hahn, mit einem Küken, mit einem Kalbsfell, mit einem Hasen, mit einem Kolkraben, mit einer Taube, mit eines Advokaten Schriftsack, mit einer Mütze, mit einem Federball.

Sag' aber schließlich und bleib' dabei: es geht kein Arschwisch in der Welt über ein wohl geflaumet junges Gänslein, so man ihm den Kopf sanft zwischen die Bein hält; dieses glaubt mir auf meine Ehr; denn ihr verspürt am Arschloch eine unglaubliche Wollust, teils von der Sanftheit des Flaumes, teils von der temperierten Wärme des Gänsleins, welche leicht zum Arschdarm und den übrigen Därmen schlägt, ja bis in die Gegend des Herzens und Gehirns aufsteigt. Und glaubt nur nicht, daß der Halbgötter und Heroen Seligkeit in den elysischen Feldern, in ihrem Asphodill und Nektar oder Ambrosia besteht, wie diese alten Vetteln schwatzen. Nach meiner Meinung ist's eben dies, daß sie sich mit jungen Gänslein die Arsch wischen. Und der Meinung ist auch der fromme Meister Jahn von Schottland gewesen.«


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