François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Neunundvierzigstes Kapitel

Wie die Ordensbrüder und Schwestern von Thelem gekleidet gingen

Die Frauen in der ersten Zeit der Stiftung kleideten sich nach ihrem eignen Wohlgefallen und Belieben. Nachmals aber wurden sie reformiert, mit ihrer freien Genehmigung und auf die prächtigste Weise. Die Männer waren nach ihrer Weis' gekleidet, kostbar in Stoff und Stickerei, und so groß war die Einigkeit zwischen den Männern und Frauen, daß sie tagtäglich überein gekleidet gingen. Und um hiegegen nie zu verstoßen, waren besondere Kavaliere dazu angestellt, es jeden Morgen den Männern zu melden, welche Farb an selbigem Tag den Frauen zu tragen gefällig wäre. Denn alles und jedes ward nach der Frauen Belieben getan; und denkt nur nicht, daß mit so reichem, stattlichem Anzug je einer oder eine von ihnen irgend Zeit verloren hätt'. Denn die Garderobemeister hatten sämtliche auf jeden Morgen so flink bei der Hand, und die Kammerfrauen waren so trefflich eingeübt, daß sie in einem Augenblick von Kopf zu Fuß gekleidet waren.

Und um die Geschmeide und Anzüge in desto besserer Ordnung zu halten, stund in der Näh des Thelemer Waldes ein großes mächtiges Gebäud, wohl eine halbe Meile lang, fein hell und wohleingerichtet; darin wohnten die Goldschmiede, Juweliere, Sticker, Schneider, Sammetweber, Goldzieher, Tapeten- und Teppichwirker und arbeiteten da ein jeder in seinem Handwerk, lediglich für diese Ordensbrüder und Schwestern. Wenn etliche Perlen veralten wollten und etwa den weißen Glanz verloren, erneuerten sie sie durch ihre Kunst dadurch, daß sie sie einem schönen Hahnen zu fressen gaben, so wie man den Falken Purganz eingibt.


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