François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Siebenundreissigstes Kapitel

Wie der Mönch sich seiner Wächter entledigt, und wie des Pikrochols Vortrab zerstreut ward

Wie sie der Mönch so außer Ordnung davonstieben sah, mutmaßt' er wohl, daß sie über Gargantua und sein Volk herfallen wollten, und betrübte sich aus der Maßen sehr, daß er ihnen nicht beistehen sollte. Darauf beschaut' er sich seine beiden Wächter und sah ihnen an den Mienen an, daß sie dem Haufen gern nachgerannt wären, auch von der Beut etwas zu erfischen, und daß sie allzeit nach dem Tal zu schielten, da sie hinuntergeritten waren. Da sprach er bei sich selbst: »Dies Volk hier weiß nicht viel vom Kriegsbrauch, denn sie haben nicht einmal einen Eid von mir genommen, noch meinen Säbel mir abbegehrt.«

Zückte also plötzlich besagten Säbel und hieb dem Schützen zur rechten Hand Hals und Kragen nebst der Gurgel mitten durch, dann zog er den Streich zurück und zerschlitzt' ihm zwischen dem zweiten und dritten Wirbel das Rückgrat. Da fiel der Schütz bocksteif zur Erden. Und der Mönch warf seinen Gaul linksum und strich auf den andern, der, als er seinen Gesellen tot und den Mönch im Vorteil sah, mit lauter Stimm ihn anrief: »Ha! Herr Prior, ich ergeb mich! Mein Herr Prior, mein Freund! Mein Herr Prior!« – Und der Mönch dagegen ruft wieder: »Mein Herr Posterior! Mein Freund! Mein Herr Posterior! Jetzt kriegt Ihr's auf Eure Posteriora.« – »Ha, mein Herr Prior!« sprach der Schütz, »mein Herzblatt, mein Herr Prior! Gott mach Euch doch nächster Tag zum Abt!« – »Bei meinem Chorrock, den ich trag«, antwortet' der Mönch, »und dich will ich zum Kardinal machen! Ich will dir stracks mit dieser Hand den roten Hut aufsetzen!« – Damit hieb er ihm den Kopf ab auf einen Streich, und blieb der Schädel hinten an seinem Fell über den Achseln hängen in Gestalt eines Doktorhütleins, oben schwarz, inwendig rot. Da fiel der Mann maustot zur Erden. Auf solche Tat gab der Mönch seinem Pferd die Sporen und ritt dem Pfad nach, welchen die Feind einschlugen, die den Gargantua und seine Gesellen am Heerweg trafen und durch das unglaubliche Gemetzel, das dort Gargantua mit seinem großen Baum, Gymnast, Ponokrates, Eudämon und die andern verführten, bereits an Zahl so verringert waren, daß sie sich hurtig zu flüchten begannen, schier wie verrückt und besinnungslos vor Furcht und Grausen, als ob sie des Todes leibhaftiges Bild und Gespenst mit offenen Augen sähen. Da nun der Mönch sah, daß ihr Sinn allein aufs Fersengeben stund, sprang er von seinem Roß und stieg auf einen großen Felsen am Weg, nahm seinen langen Säbel und schlug mit runden Volten ohn Fint noch Schonung unter diese Flüchtigen drein, deren er so viele erschlug und darniederfällte, bis ihm sein Säbel in zwei Stücke sprang. Alsdann gedacht' er bei sich selbst, daß nun des Mords und Totschlags genug wär und daß man auch etliche müßt' laufen lassen, die Nachricht zu bringen. Nahm also von einem der Erschlagenen eine Axt in die Faust und stellte sich wieder auf seinen Felsen zum Zeitvertreib, die Feind laufen zu sehen, und wie sie über die Leichnam stürzten. Doch mußten sie ihm alle ihre Piken, Degen, Speer und Büchsen lassen. Auch ließ er die, so die Pilger gebunden führten, absteigen, händigt' den Pilgern ihre Pferd aus und behielt sie nebst Starenstör, welchen er gefangennahm, bei sich.


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