François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebtes Kapitel

Von des Gargantua Steckenpferden

Hierauf, damit er all sein Lebtag ein guter Reiter wär, macht' man ihm ein schönes großes Pferd von Holz: das ließ er paradieren, tummeln, wenden, sprengen, tänzeln, alles zugleich, im Schritt, im Trott, im Mittelschritt, Galopp, Paß, Hoppas, im Kleppergang, im Kameltrott, Harttrab, Waldeseltritt, und färbt' ihm das Haar um, wie die Mönch ihre Alben nach den Festen in braun, in fuchsrot, apfelgrau, rattenfarb, hirschhaar, rotschimmel, kühfahl, scheckigt, weiß.

Er selbst macht' sich aus einem großen Holzklotz ein Pferd zur Jagd, ein andres aus einem Trottbaum zum täglichen Brauch, und aus einem dicken Eichenstamm ein Maultier samt der Schabrack fürs Zimmer. Außerdem hatt' er ihrer noch zehn bis zwölf zur Umspann und sieben zur Post, und nahm sie auch nachts alle mit zu Bett.

Einmal besucht' der Herr von Qualimsack seinen Vater mit großer Suite und Anhang, auf welchen Tag desgleichen auch der Herzog von Offentisch und der Graf von Nasengüsel schon bei ihm eingesprochen waren.

Mein Treu! Da ging das Logement etwas knapp her für so viel Volk, und sonderlich die Pferdeställ. Der Hofmeister also nebst dem Furier besagten Herrn von Qualimsacks, um zu erforschen, ob es im Haus noch sonst wo ledige Ställ hätt', wandten sich an das junge Männlein Gargantua und fragten ihn heimlich, wo die Ställ für die großen Pferd wären, denn sie dachten, daß Kinder gern alle Ding ausschwatzen und offenbaren. Da führt' er sie die große Schloßtrepp hinan, durch den zweiten Saal auf einen langen Gang, aus dem sie in einen dicken Turm kamen. Wie es nun wiederum andere Stiegen hinauf ging, spricht der Furier zum Hofmeister: »Das Kind narret uns, denn niemals sind doch die Ställ zu oberst im Haus.« – Frug also den Gargantua: »Mein kleiner Schatz, wo führt Ihr uns hin?« »Zum Stall«, sprach er, »wo meine großen Pferd stehen; werden gleich da sein, steigt nur noch die paar Stiegen.« Darauf bracht' er sie wieder durch einen andern großen Saal und führt' sie endlich in seine Kammer, zog die Tür zurück und rief: »Da sind die Ställ, die ihr begehrt, da ist mein Spanier, mein Wallach, mein Schweißfuchs, mein Gasconier.« Und nahm einen schweren Hebebaum, packt' ihn den beiden auf und sprach: »Diesen Friesländer schenk ich euch; hab ihn von Frankfurt, er soll aber euer sein. Ist ein gut Rößlein; so klein es ist, so hart und arbeitsam ist es. Mit einem Habichtmännlein, einem halben Dutzend Bracken und ein paar Windhunden seid ihr Hasen- und Hühnerkönige den ganzen Winter.« »Beim Sankt Johannes!« sprachen sie, »da kommen wir schön an. Diesmal sind wir die Angeschmierten.« – Hie ratet nun, ob sie sich eher vor Scham in die Erd verkriechen oder vor Lachen hätten bersten mögen über den Schnack. Enteilten also spornstreichs wieder hinunter ganz verblüfft und kamen in den untersten Saal zurück, wo die ganze Gesellschaft beisammen war, erzählten da diese neue Mär; da lachten alle wie ein Rudel Fliegen.


 << zurück weiter >>