François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Siebzehntes Kapitel

Wie sich Panurg beim Herrn Trippa berät

»Hört an«, fuhr Epistemon fort, »was Ihr, wenn Ihr mir folgen wollt, noch tun könnt, eh wir wieder heim zu unserm König gehn. Hier unweit der Insel Bouchard wohnt Herr Trippa. Ihr wißt, daß er durch Astrologie, Geomantie, Chiromantie und andre Künste vom gleichen Schlag alle zukünftigen Dinge weissagt. Laßt uns von Eurer Sach mit ihm verhandeln.« – »Davon«, sprach Panurg, »weiß ich just nix, wohl aber weiß ich, daß ihm einmal, während er sich mit dem großen König von himmlischen und übernatürlichen Dingen besprach, die Hoflakaien auf der Treppe beim Hinterpförtlein nach Herzenslust sein Weib kartätschten, das traun nicht schlecht war. Und er, der alle ätherischen und irdischen Dinge ohn Brille erkannte und Vergangenheit und Gegenwart am Schnürlein hatte und alle Zukunft voraussagte, sah nur sein Weib nicht wackeln und hat's auch nimmermehr erfahren. Wohl! Laßt uns zu ihm, weil Ihr's wollt. Man kann nie zuviel lernen.« –

So kamen sie des andern Tages zu dem Herrn Trippa ins Quartier. Panurg verehrte ihm einen Wolfspelz, ein großes, schön vergoldetes Bastardschwert mit samtener Scheide und fünfzig bare Goldtaler und setzte ihm seine Sache vertraulich auseinander. Alsbald zum ersten Willkomm schaute ihm Herr Trippa ins Gesicht und sprach: »Du hast die Metoposkopie und Physiognomie eines Hahnreis, und zwar eines famosen notorischen Hahnreis!« Drauf betrachtete er von allen Seiten Panurgens rechte Hand und sprach: »Der falsche Strich da über diesem Muskel hier, den hat eigentlich weiter gar kein Mensch in der Hand als ein Hahnrei.« – Dann machte er hurtig mit einem Griffel eine Anzahl verschiedener Punkte, addierte sie zusammen auf geomantische Art und sprach: »Die Wahrheit ist nicht so wahr, als es gewiß ist, daß du alsbald nach deiner Hochzeit zum Hahnrei werden wirst.« – Hierauf befrug er Panurg um das Horoskop seiner Geburt, und als er's erhalten hatte, stellte er darnach sein himmlisches Haus in allen Teilen, beschaute den Stand und die Aspekte, dann seufzte er schwer und sprach: »Ich sagt' dir's schon vorhin expreß, du würdest Hahnrei werden, da hilft kein Gott. Hier seh ich's nun aufs neu bestätigt und schwör dir's zu, daß du ein Hahnrei werden mußt. Zudem wirst du von deinem Weib geschlagen und von ihm bestohlen werden; denn ich seh im siebenten Haus die schlimmsten Aspekte und eine Schlägerei aller gehörnten Zeichen, Widder, Steinbock, Stier et cetera. Ach! dir wird's hart gehn, armer Mann!« –

»Und dir werd ich die höllische Grippe anhusten, alter Narr, Geck, Unhold, der du bist!« versetzt' Panurg. »Wenn alle Hahnreis beisammen sind, mußt du ihnen die Fahne voraustragen. Du bist so ein Kerl, der weiter nichts treibt als ander Leut Elend und Not zu erforschen und auszuspüren, derweil dein Weib zu Haus die Fickmühl dreht! Kommt, laßt dies Kalbsgehirn, diesen schäumenden Hundstagsnarrn, den man an Ketten legen sollte, hier mit seinen Hausteufeln storchen, so lang er Lust hat. Ich werd' wohl glauben, daß die Teufel solch einem Trottel zu Diensten ständen! Er hat noch nicht einmal das Abc der Weisheit los, das Kenndichselbst; rühmt sich, den Splitter in seines Nächsten Aug' zu sehn, und sieht den dicken Balken nicht, der aus seinen beiden wächst. Kommt, laßt uns wieder zu unserm König; ich weiß, es wird ihm gar nicht recht sein, wenn er hört, daß wir in dieses vermummelten Teufels Spelunke gewesen sind. Mich reut, daß ich herging. Potz Sakerdamm! Er hat mich mit seinem Teufelsspuk und Wust, mit seinen Zauber- und Hexenkünsten ganz eingeschwafelt! Also nehm ihn der Teufel auch zu sich. Sprecht Amen dazu, und kommt mit mir zur Tränk. Mir schmeckt kein Bissen zwei Tage lang mehr oder gar vier.«


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