François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
François Rabelais

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Sechstes Kapitel

Von des Gargantua JugendDie meisten Ausleger sehen in diesem und im folgenden Kapitel eine Satire auf die Erziehung der Fürsten, deren Hauptbeschäftigung Essen, Trinken und Schlafen sei. Viele der Züge, die R. seinem Helden gibt, passen auf Franz I.

Gargantua ward vom dritten bis zum fünften Jahr in aller gebührlichen Zucht gepflegt und auferzogen nach dem Willen seines Vaters, und bracht' die Zeit zu, wie die kleinen Kinder des Landes pflegen: nämlich mit Trinken, Essen und Schlafen, mit Essen, Schlafen und Trinken, mit Schlafen, Trinken und Essen.

Allzeit wälzte er sich im Kot, vermaskeriert' sich die Nas, bedreckt' sich's Gesicht, trat seine Schuh hinten über, gafft' gern nach den Mucken und lief den Millermahlern fleißig nach, über die sein Vater das Regiment hatte. Er seicht' in seine Schuh, macht' in sein Hemd, schneuzt' sich in Ärmel, rotzt' in die Suppen und patscht' überall durch; trank aus seinem Pantoffel und kraut' sich den Bauch für gewöhnlich an einem Korb. Stochert' sich die Zähn mit einem Holzschuh, wusch seine Hand in Fleischbrüh, strählt' sich mit einem Humpen, setzt' sich ärschlings zwischen zwei Stühl an die Erd, trank unter die Suppen, aß seinen Wecken ohn Brot, biß lachend, lacht' beißend, leckt' vorn, kratzt' hinten, pißt' gegen die Sonnen, versteckt' sich ins Wasser vorm Regen, bespie sich, schoß die Katz fürn Hasen, spannt' die Ochsen hinter den Karren, zog die Würm aus der Nasen, kratzt' sich, wo's ihn nit biß, packt' viel an und hielt wenig fest, verzehrt' sein Weißbrot vorneweg, beschlug die Graspferd, füttert' die Wetzstein, kitzelt' sich selbst zum Lachen, guckt' weidlich in die Töpf, behielt das Korn, gab Gott das Stroh, sang Magnificat zur Metten und meint', es paßt' sich trefflich wohl, aß Kohl, schiß Mangolt, ließ keiner Muck ein Bein am Leib, zerhudelt das Papier, verschmiert' das Pergament, riß aus wie Schafleder, macht' seine Rechnung ohn den Wirt, schlug auf den Busch und fing nicht den Vogel, sah den Himmel für einen Dudelsack und Hagel für Zuckererbsen an, schnitt zwei Pfeifen aus einem Rohr, schlug auf den Sack und meint' den Esel, macht' aus seiner Faust einen Schlägel, fing die Kranich im ersten Sprung, sah dem geschenkten Gaul allzeit ins Maul, setzt' sich vom Pferd auf den Esel, hofft, die Lerchen gebraten zu fangen, wenn der Himmel einfiel, macht' aus der Not eine Tugend, frug weder nach Geschabt noch Geschoren. Alle Morgen bespie er sich. Seines Vaters kleine Hunde aßen mit ihm aus einer Schüssel, er desgleichen wieder mit ihnen, er biß sie in die Ohren, sie zerkrellten ihm die Nas, er blies ihnen in den Hintern, sie leckten ihm das Schnäuzel. Und sollt ihr's glauben? Daß euch der Teufel frikassiere! Dies kleine Hurenjägerlein betastet seine Wärterinnen schon hinten und vornen, oben und unten harri hotto! in einem fort, und fing schon an sein Hosenlätzlein zu exerzieren. Selbiges schmückten seine Wärterinnen alle Tag mit schönen Sträußlein, schönen Bändern, schönen Blumen, schönen Flunkern, schönen Quästlein; und hatten ihre Kurzweil dran, wann er wie ein Rollpflästerlein ihnen unter die Hand geriet. Dann kicherten sie, wann er die Ohren spitzt', gleich als ob ihm das Spiel behagt'.


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