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Ritter Georg

Die Banner hoch! Heraus das Schwert!
Herbei, herbei, ihr Ritter wert!
Voran, voran zu kühner That!
Dem Führer nach, der dort uns naht!

Der Ritter Georg wohlbekannt
Aus Kappadocien dem Land,
Der glaubte fest an einen Gott
Und vollführte sein Gebot.
Sein reiches Erbland lag ganz nah
Bei Palästina. Er trat da
Ins Heer des Kaisers ein und ward
Bald Oberst. Manche Kriegesfahrt
Erwarb ihm hohen Ruhm im Land.
Zum Statthalter ward er ernannt
Und pflag des Amts als treuer Mann.
Nun hört, was alles er begann!

Er kam dereinst auch in ein Land,
Das war Libya genannt.
Dem Land zum Schrecken und zum Weh
Lebte dort in einem See
Ein übler Drache; der verschlang
Viel Volk und Vieh, und das so lang,
Bis daß die Leute in der Stadt
Ergriffen diesen guten Rat,
An jedem Tage zwei Stück Vieh
An den Rand des Sumpfes hie
Zu werfen. Wenn der Wurm das fand,
Verschonte er das andere Land.

Zu diesem großen Ungemach
Kam Hungersnot, und es gebrach
Gar bald am Vieh. Da nahm der Drache
Wieder am Volke schreckliche Rache.

In dieser Not so übergroß
Beschloß man denn, durch das Los
Einen Menschen jeden Tag zu bestimmen
Zum Fraß für jenen Wurm, den grimmen.

Nun kam dies Los an einem Tage,
Dem Könige zu großer Klage,
Auf sein einziges Kindelein,
Eine Tochter hold und fein.
Umsonst versuchte er ihr Los
Zu mildern; schon war allzu groß
Der Zorn des Volks. Mit einem Lamm
Ward die Jungfrau lobesam
An den Rand des Teichs gebracht.

Das war zur Zeit, da in der Pracht
Des Ritters Georg kam geritten
An diesen Ort. Mit höflichen Sitten
Grüßt' er das Fräulein. Sie beschwor
Ihn weinend, schnell zu flieh'n, bevor
Der Drache aus dem Sumpfe steige.
Doch Georg war nicht also feige.
Das Ende wollt' er schauen.
Er blieb bei der Jungfrauen.
Sie trat den hohen Berg hinan,
Mit königlichen Kleidern angethan.
Sie kniete auf einen Marmelstein,
That ihr Gebet gar keusch und rein
Und harrte, bis der Wurm erschien;
Da sprengte der Ritter das Roß auf ihn;
Den Schild, mit rotem Kreuz bedeckt,
Hielt er ihm entgegengestreckt,
Daß ihm sein Gift nicht konnte schaden.
Den Speer stach er dann ohne Gnaden
Durch seinen Leib. Da lebte noch
Der Wurm. Zur Jungfrau schrie jedoch
Der Ritter: »Fürchte dich nicht mehr!
Nimm deinen Gürtel und schling' ihn her
Um den Hals des Drachen!
Gott soll ein Wunder machen
Dem Volk zu Nutz!« – Und wirklich so
Zog die Prinzessin kühn und froh
Den Drachen an dem Gürtel fort
Bis in die Stadt Silene dort.

Die Leute floh'n, als sie dies sah'n;
Doch Ritter Georg rief sie an:
»Fürchtet euch nicht vor diesem Drachen!
Ihr sollt vielmehr ein Ende machen
Mit allem Greuel der Abgötterei;
Dann werdet ihr von der Plage frei;
Dann wird euch kein Wurm wieder plagen,
Dann will ich ihn zu Tode schlagen!«

Was da war ferne oder nah,
Das schrie alles: »Ja, ja, ja!«
Da schlug er denn den Drachen tot.
Zu Ende war nun ihre Not.

Drauf predigte der Rittersmann
Von unserem Gotte. Da gewann
Der König und das Volk die Taufe.
Goldes und Silbers ein ganzer Haufe,
Dazu das halbe Königreich,
Die Hand der Prinzessin auch zugleich
Ward nun dem Ritter angetragen.
Der ließ dem König aber sagen:
»Laßt euch durch Gott erbarmen
Und gebt das Gut den Armen!
Bauet davon ein Kirchelein!
Ich selbst muß weiter ziehn allein.«

Ein Münster wurde nun gebaut
Zu Ehren Mariens, der Gottesbraut;
Und Sankt Georg ließ eine Quelle
Aus dem Altare dort zur Stelle
Entspringen. Wer dies Wasser trank,
Ward heil, und war er noch so krank.
Darauf mit vielen guten Lehren
Sah man Georg von dannen kehren.

Nun hub sich viele Angst und Not,
Die man im ganzen Reich entbot
Den Christen. Dies war in den Jahren,
Da die Kaiser waren
Diocletian und Maximian.
Sie wiesen alle Richter an,
Gegen die Christen vorzugeh'n.
Da war es in einem Mond gescheh'n
Um siebzehntausend Christenleben.

Als Sankt Georg der Heiden Streben
Erfuhr, da war ihm nicht so leid
Um die Toten im Märtyrerkleid,
Als um die Schwachen, die durch die Plagen
Sich ließen weg vom Heile jagen.
Er gab da fort sein ganzes Gut
Und trat mit ritterlichem Mut
Vor Kaiser Diocletian
Und sprach ihn kühnlich also an:
»Ich will der Wahrheit Ehre geben
Vor aller Welt, und gern das Leben
So wagen. Es ist nur Ein Gott!
Die Götzen sind des Teufels Spott.
Ich bin Georgius genannt,
Von Kappadocien dem Land
Frei und edel geboren,
Zur Pfalz daselbst erkoren.
Doch will ich verzichten auf alle Ehren,
Um den wahren Gott zu bewähren.«

Voll Zorn hört's Diocletian.
Er wies den Konsul Magnentius an,
Zu strafen des Ritters kühnes Wagen.
Der ließ ihn brennen und schlagen.
Doch mutig ertrug der Held die Pein.
Sein guter Trost war Gott allein.

Ein Zauberer ward gegen ihn entboten.
Doch als er vor ihm einen Toten
Erweckte und den Giftkelch leerte,
Von Schaden ledig, da bekehrte
Sich Athanasius, der den Trank
Bereitet hatte, und er sank
Bereuend zu des Heiligen Füßen.
Mit seinem Haupte mußt' er's büßen.

Georgius ward gerädert, dann
In siedend Blei getaucht. Der Mann
Blieb heil. Sein hoher Mut bekehrt
Zwei Männer, edel, treu und wert:
Protullus, Anatolius.
Der Kaiser eilte nun zum Schluß.
In gutem wie in bösem wollte
Man ihn bereden. Georg sollte
Nun vor die Heidengötter treten
Und sie im Tempel dort anbeten.
Ein Opferfest, des Prunkes voll,
Fand statt im Tempel des Apoll.
Diocletian saß in der Pracht
Des Kaisers da. Nun ward gebracht
Der Heilige. Er bat um Stille.
Schon dachte der Kaiser, daß sein Wille
Geschehe. Georg aber sprach:
»Apoll, so willst du, dir zur Schmach
Als Gott dein Opfer haben? Sprich!«
Doch da erklang es fürchterlich:
»Ich bin kein Gott! Es ist nur Einer.
Wir sind seine Feinde und Verneiner!«
Zu gleicher Zeit entfuhr ein Feuer
Der Erde graß und ungeheuer;
Die Erde erbebte und schlang hinein
Götzen und Priester, Tempel und Hain.

Ein heilig Grau'n darob erfaßte
Des Kaisers Frau, die Unrecht haßte.
Alexandra war sie genannt.
Sie verschwur allzuhand
Heidnisches Wesen und heidnische Weise
Und wandte sich zu Christi Preise.
Da ließ der Kaiser sie beim Haar
Aufhängen und von der Büttel Schar
Mit Besen und mit Knütteln schlagen.
Noch sterbend hörte man sie sagen:
»O Georg, Gottes Freund, sag' an,
Wie ich zu Gott hinkommen kann,
Da ich die Taufe nicht empfangen?«
Georgius sprach: »Durch dein Verlangen
Und durch dein Blut hast du die Taufe.
Freu' dich, o Frau, zum Himmelslaufe!«

Am Weg zum Richtplatz starb die Gute.
Ihr folgten mit getreuem Mute
Auch ihre Diener nach schnellem Rat:
Apollo, Isaak, Codrat;
Und noch ihrer Trabanten vier:
Axa, der tapf're Offizier,
Kleonikus, Basilisk, Eutrop.
Den Heiligen töne lautes Lob!
(Des Kaisers erstes Eheweib
Serena hatte auch den Leib
Dereinst für Christus hingegeben,
Ein Beispiel, wert, ihm nachzustreben.)

Georgius ward mit Rossen dann
Hinausgeschleift. Der edle Mann
Ward drauf enthauptet. Als Patron
Der Ritter trägt er nun die Kron'.
In Palästina, an heiliger Stelle
Begrub den Leib ein treuer Geselle.

Gott sandte drauf in späteren Zeiten
Den heiligen Ritter, mitzustreiten
Im Kampfe für das heilige Land.
Die weiße Fahne in der Hand
Mit blutig rotem Kreuze, mag
Uns Georg auch an jenem Tag
Noch helfen, wenn wir Christen wieder
Das Land erstreiten, wo er bieder
Der Christenhelden Vorbild war.
O, werde das in kurzem wahr!

O, möchte altes Rittertum,
Der Welt zum Heil und Gott zum Ruhm,
Aufs neu' ersteh'n, getreu dem Bild
Sankt Georgs, kühn und fest und mild,
Auf daß das heilige römische Reich
Deutscher Nation mit tapfer'm Streich
Die höhere Krone erringe
Und alle Leidenschaft bezwinge!

Georg, 23. April 303. Passional II. S. 253.


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