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Paulus

Paulus, der Held im Glaubensstreit,
Das helle Licht der Christenheit,
Der Welt zum Lehrer auserkoren,
War römischer Bürger, zu Tharsus geboren,
Aus dem Geschlechte Benjamin.
Er hegte zuerst feindlichen Sinn
Gegen die Christen, eh' ihm Christ
Vor Damascus erschienen ist.
Da fiel der hochmütige Saul
Und stand auf als demütiger Paul.
Der Löwe ward zum Lämmelein
In der Taufe rein,
Die er von Ananias empfing.
An des Barnabas Hand ging
Er zu den Jüngern hin, den frommen,
Und ward von ihnen aufgenommen.

Ich will hier nicht berichten
Die heiligen Geschichten,
Wohin er fuhr und was er lehrte,
Ich sage nur, wie er endlich kehrte
Nach Rom zum heiligen Petro,
Den unser Herre machte froh
Und ließ Paulum zu ihm kommen,
Aller Welt zu ewigem Frommen.
Dort war es auch im großen Rom,
Daß Paulus mit der Rede Strom
Bekehrte manchen Sünder.
Der heiligen Liebe Entzünder
Bewog auch eine von Neros Frauen,
Die teuerste ihm, gar hold zu schauen,
Zu lassen ein Leben so lastervoll.
Das weckte ihm des Kaisers Groll.

Als einst Sankt Paulus Gottes Wort
Predigte dem Volke dort,
Hörte ihn ein junger Mann
Vom hohen Fenster der Kaiserburg an.
Des Kaisers Schenke war dieser
Und Patroclus hieß er.
Vom Fenster fiel er da hinab,
So, daß er den Geist aufgab.
Das war dem Kaiser Nero leid.
Paulus aber mit Innigkeit
Sprach sein Gebet zur selben Stund;
Da stund der Knappe auf gesund
Und ging zu Hofe wieder hin.
Mit Schrecken schaute Nero ihn,
Den er für einen Geist ansah.
»Ei, woher kommst du?« sprach er da.
»Ich komme,« sprach er, »von Jesus Christ,
Bei dem das ewige Leben ist.
Das lernt' ich auf der Todesfahrt.«
Der Kaiser davon zornig ward
Und gab ihm einen Schlag so groß,
Daß ihm das Blut in die Wangen schoß,
Fünf Ritter standen auch daneben,
Die mit frommem Streben
Sich wandten zu Sankt Pauli Lehre
Und zu Gottes ewiger Ehre.
»Eia Kaiser,« sprachen sie,
»Warum hast du geschlagen hie
Diesen ehrhaften Jüngling?
Er spricht doch recht in allem Ding.«
Da entbrannte des Kaisers Mut
Zu solcher zorniger Wut,
Daß er sie ließ zur selben Stund
Werfen in des Kerkers Grund.

In diesem grimmen Zorne blieb
Der Kaiser, daß sein Groll ihn trieb
Auf aller Christen Ungemach.
Er gebot und sprach,
Wo sie irgend wüßten
Die Gläubigen und Christen,
Die sollte man fangen,
Enthaupten und hangen.

Da ward auch Paulus eingezogen,
Als ob er hätte betrogen
Die Welt zur allergrößten Schmach.
Der Kaiser so mit Zorne sprach:
»Bist du's, der meine Ritterschaft
Beraubt hat der Heldenkraft?«
Da sprach Paulus kühn und froh:
»Nicht nur den Deinen thu ich so,
Sondern ich will mich wenden
An aller Welt Enden,
Daß ich die Ritterschaft gewinne,
Die ich mit treuem Sinne
Versammle in rechter Einfalt
Unter des Königs Gewalt,
Der sie mit hoher Milde
Unter des Glaubens Schilde
Beschirmet wohl und ist ihnen hold.
Also reich wird ihr Sold,
Womit er belohnt ihr Streben
Nach diesem kranken Leben,
Daß sie nicht reicher könnten sein.
Willst auch du das Herze dein
Der Falschheit lassen berauben
Und an Christum glauben,
So giebt er dir ein ewig Leben;
Du mußt die Erde doch aufgeben:
Das Feuer wird ihr Ende sein,
Nur dadurch wird sie geläutert und rein.«

Des Kaisers Zorn ward drob so groß,
Daß er über die Ritter beschloß,
Daß man sie verbrenne am selben Tage
Und Paulo das Haupt abschlage,
Weil er sei der Frevler Haupt
Und an den Brand der Erde glaubt'.

Viel edle Römer das verdroß,
Daß man so viel Blut vergoß.
Sie kamen mit gewappneter Hand
Gegen des Kaisers Pfalz gerannt.
»Hör' auf, du Wüterich!« riefen sie.
»Was tötest du, o Mörder, hie
Des Landes Kinder? Willst du das Reich
Zur Wüste machen mit einem Streich?«
Da rief der Kaiser: »Diesen Mann,
Den klaget solchen Frevels an!
Er ist Schuld an allem Verderben;
Darum soll er auch heute sterben.
Laßt sehen, ob ihm ein ander Leben
Von seinem Gotte wird gegeben,
Wenn er liegt in seinem Blute!«
Da sprach Paulus der gute:
»Auf daß dein steinharter Mut
Bekenne ein anderes ewiges Gut,
Das Gott will geben den Seinen,
So will ich dir nach meinem Tod erscheinen!«

Ohne Zittern und ohne Beben
Ging Paulus entgegen dem ewigen Leben.
Ihm war der Tod nicht bitter.
Es führten ihn drei Ritter
Zum Richtplatz hin und unterwegen
Begannen sie der Rede zu pflegen
Mit Paulo, dem guten Mann:
»Eia«, sprachen sie, »sag' an,
Wer ist der König und der Gott,
Durch dessen Liebesgebot
Du hast gelitten so viel Not
Und nun eilest in den Tod
So fröhlich wie zu einem Feste?«
Da belehrte Paulus die Todesgäste.
Ihr dunkles Herze ward erleuchtet
Und von der Gnade Thau befeuchtet.
Sie erkannten, er hätte recht.
»Ei«, sprachen sie, »du Gottesknecht,
Du bist auf einem guten Wege.
Nun gehe hin, daß Gott dein pflege!
Wir wollen dir dein Leben lassen,
Flieh' hin! Frei sind dir alle Straßen;
Und rate uns zum Frommen,
Wie wir zum Heile kommen!«

Doch Paulus sprach: »Nicht woll' es Gott,
Ihr Brüder, daß ich werde zum Spott
Und handle als ein flüchtiger Zage,
Da meines Herren Schild ich trage;
Darunter will ich streiten
Und will zu keinen Zeiten
Weichen einen halben Fuß.
Ich weiß, daß ich sterben muß.
Doch will ich euch zum Frommen sagen,
Wenn mir das Haupt ist abgeschlagen,
So kommen morgen zu meinem Grabe
Zwei Freunde, die ich habe:
Titus und Lucas genannt.
Sagt ihnen, daß ich euch gesandt.
Sie sollen euch taufen in Gott
Nach der Christenheit Gebot.«

Eine Frau Plautilla,
Sonst auch genannt Lemobia,
War eben dieser Stätte nah.
Paulus sprach also zu ihr:
»Weib, leihe deinen Schleier mir,
Meine Augen zu verbinden in der Not;
Ich geb' ihn dir wieder nach meinem Tod.«
Sie that es; er fiel in die Knie
Vor dem bloßen Schwert allhie
Und befahl mit Innigkeit
Die herzeliebe Christenheit
In Gottes milde Hut.
Paulus, tapfer und gut,
Nahm den Schleier in die Hand,
Damit er selber sich verband
Die Augen; darauf streckte er
Den Hals entgegen der blanken Wehr.
Als das Haupt vom Leibe brach,
Hörte man noch, wie es fallend sprach:
»Jesus Christus, Jesus Christus!«
Dies Wort war seiner Predigt Schluß.
Wo das Haupt hinsprang, an drei Stellen,
Entsprangen drauf drei heilige Quellen.

Der Frau, die ihm den Schleier gebracht,
Erschienen noch in selbiger Nacht
Petrus und Paulus, die beiden,
In schneeweißen Kleiden,
Mit goldenen Kronen und lichtem Schein,
Und Paulus gab das Schleierlein,
Von seinem Blute rot, alldort
Der Frau wieder nach seinem Wort.

Als der Kaiser dies Wunder vernahm,
Erschrak er sehr; und wirklich kam
Paulus in sein Gemach zu ihm
Und sprach: »O Kaiser, nun vernimm,
Daß ich Paulus allhie bin,
Den dein thörichter Sinn
Wähnte schon gefället.
Ich bin nun zugesellet
Dem Könige, dem großen Gotte,
Weil ich sein Ritter und sein Bote
In rechter Mannheit bin gewesen.
Ich bin von aller Not genesen.
Doch dir folget ewige Not,
Die dich schlägt in schweren Tod.«

Ohnmächtig fiel der Kaiser nieder
Vor Schrecken. Da er zu sich wieder
Gekommen, gab er schleunig frei
Alle Gefangenen, auch dabei
Patroclus und Barnabas.

Darauf am andern Tag geschah's,
Daß die drei Ritter alsofort
Zu Pauli Grab, nach seinem Wort,
Hingingen, wo sie ihn konnten sehn
Zwischen Lucas und Titus stehn.
Die Jünger wollten schon entfliehn
Aus Furcht vor der Ritter feindlichem Sinn.
Doch jene sagten allzuhand,
Wie sie wären dahergesandt
Von Sankt Pauli Munde.
Da taufte man zur Stunde
Die drei Herren hochgeboren,
Die zu Kindern erkoren
Wurden also freudenreich
Gott in seinem Himmelreich.

Vernehmt und laßt euch fürbaß sagen,
Wie an seinen Endestagen
Der Kaiser Nero verdarb
Und welches Todes er starb,
Da er gerechten Lohn gewann.
Bei ihm war ein weiser Mann,
Sein Meister, Seneca genannt.
Der hatte umsonst seine Lehre gewandt
An den Kaiser, ihm zur Zucht;
Doch hegte dessen Tobsucht
Allen Tugenden Haß.
Er hieß ihn töten nur um das,
Weil er sich schämte vor ihm.
Doch höher noch stieg sein Grimm.

Er hörte von Troja sagen die Märe,
Wie es im Feuer zerstöret wäre;
Da gewann das Ungeheuer
Eine Lust nach solchem Feuer.
Er hieß entzünden Rom, die Stadt.
Auf einen Turm er da trat
Und sah es brennen sieben Tage.
Der Verlust und die Klage
Schuf, daß sich die Römer bewehrten
Mit Schilden und mit Schwerten.
So liefen sie den Kaiser an,
Zu töten den wütenden Mann.
Nero entfloh, sie jagten ihm nach,
Bis er vor der Stadt zusammenbrach
Und sich verzweifelnd selber erstach.

Nun lassen wir den Kaiser liegen,
Denn besser wird von ihm geschwiegen:
Sein Lohn ist die Höllenglut.
Laßt euch von den Aposteln gut
Weitere Märe sagen.
Als Paulus ward erschlagen,
Sein Haupt nicht mit zu Grabe kam
Mit dem anderen Leichnam.
Denn an der Statt, da man ihn schlug,
Waren solcher Leute genug,
Die auch enthauptet wurden dort
Und begraben an dem Ort.
Als seine Jünger kamen
Und den Leichnam nahmen,
War ihnen wenig Weile,
Sie nahmen nur den Leib in Eile.
Einem Hirten darauf ward
Das Haupt, das leuchtende, offenbart.
Und wunderbar fügt es sich wieder
An seine abgetrennten Glieder.

Nun laßt uns Herz und Sinn den Seelen
Der beiden Fürsten anbefehlen,
Daß sie uns helfen in der Not.
Daß Gott seine Himmelsschlüssel bot
Petro, dem guten Mann:
Da ist kein Zweifel daran.
Der Fürst, der Jesu so gefiel,
Vermag bei Gott wohl auch so viel,
Daß er den Freunden helfen kann.
Drum rufen wir sie beide an,
Daß wir einst auch freudenreich
Sie schauen in dem Himmelreich,
Wo in Gottes Minne
Ewig brennen unsere Sinne.

Paulus † 29. Juni 67. Passional S. 180 f.


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