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Bartholomäus

Bartholomäus der gute,
Der mit reinem Mute
Durch Jesum Christum sagte ab
Der Welt und weltlicher Hab',
War von edler Geburt, der Sohn
Des Ptolemäus; die Königskron'
Von Spanien hatte in früheren Tagen
Sein Ahne Sosthenes getragen
Und Urania, die lobesame
Ahnin. Des Bartholomäus Name
War eigentlich Nathanael.
Als rechter Jude ohne Fehl
War er zu Kana dort geboren.
Eh' ihn der Heiland auserkoren,
Wollt' er sich weltlichem Leben weih'n.
Bei seiner Hochzeit machte Wein
Aus Wasser Jesus, wie man weiß.
Groß ward des edlen Mannes Preis,
Und seine Brüder meinten schon,
Er strebe nach dem Königsthron,
Und er sei's, der mit solchen Thaten
Seinen Meister wolle verraten.
Jedoch mit Unrecht. Treulich lehrte
Er Jesu Wort. Nach Pfingsten kehrte
Er sich zuerst gen India,
Darauf in das Land Phrygia,
Wo er den Apostel Philippus fand.
Dann kam er ans armenische Land
In eine heidnische Stadt,
Wo er in einen Tempel trat.
Dort hatten sie einen Gott,
Dessen Name war Astaroth.
Sein Bild, womit viel Wunder trieb
Der Teufel, war den Heiden lieb.
Er sprach aus ihm mit Teufelskunst
Und heilte durch der Hölle Gunst.

Als Bartholomäus dahin kam
Und im Tempel Herberge nahm
Wie ein Armer, der nicht viel hat,
Da hörten die Wunder auf in der Stadt.

Voll Angst gingen die Heiden dort
Zu einer andern Stätte fort,
Wo der Gott Beryth im Bilde stund,
Und fragten ihn, aus welchem Grund
Verstumme ihr Gott Astaroth.
Da sprach der Teufel aus dem Gott:
»Ein Mann ist zu ihm hingekommen,
Der hat ihm alle Kraft benommen.
Er ist Bartholomäus genannt;
Ihn hat Gott daher gesandt.
Wollt ihr ihn greifen und erkennen,
Will ich euch noch mehr Zeichen nennen:
Groß sind seine Augen, seine Haut ist licht,
Sein Haar ist schwarz und kraus und dicht,
Mit grauen Locken untermengt;
Sein Bart ist lang und gedrängt.
Er ist ein mittelgroßer Mann,
Weiße Kleider hat er an
Und starke Schuhe, die trägt er fürwahr
Schon volle sechsundzwanzig Jahr,
Daß sie nicht böser werden
Von Stein, Wasser und Erden.
Alle Sprachen sind ihm bekannt
In jedem Volk und jedem Land.
Er liegt fast immer im Gebet,
Doch ist sein Antlitz fröhlich und stät.
Findet ihr ihn nach eurem Begehr,
So bringt mir ihn nur ja nicht her,
Daß ich nicht so wie Astaroth
Auch vor ihm werde noch zum Spott!«

Mit dem Bescheide gingen die Blinden
Wieder zurück; doch nicht zu finden
War Sankt Bartholomäus,
Bis der Teufel selber zum Schluß
Aus einem Besessenen sprach, ihn erkannte
Und bei seinem Namen nannte,
So daß es alle Wunder nahm
Und die Sache vor den König kam.
Polymius war der genannt.
Der sandte Boten allzuhand,
Daß der große Heilige käme
Und seiner Tochter benähme
Die schwere Sucht, in der sie lag;
Ein Teufel plagte sie Nacht und Tag.
Der Zwölfbote band ihn und trieb ihn aus;
Darob freute sich überaus
Der König und ließ, ihm die That zu gedenken,
Ihm viele Kamele voll Goldes schenken.
Doch Bartholomäus mit hohem Mut
Verzichtete auf das irdische Gut.
Er bat den König nur um Vertrauen,
Dann ließe er ihn seine Götter schauen.

Als man dem Gotte Astaroth
Des andern Tages Opfer bot,
Da hörte man eine Stimme
Mit ängstlichem Grimme;
Aus dem Bilde zum Volke sprach
Der Teufel selber zu seiner Schmach:
»Bringet mir nicht Opfer mehr,
Daß euch nicht Gottes Rache verzehr',
Denn übel ist es mir ergangen.
Ich bin gebunden und gefangen
Von dem Herrn der Engelschar,
Der heißet Gottes Sohn fürwahr.
Er hat unsern Hauptmann in feurigen Banden
Zur Hölle verbannt mit großen Schanden.
Durch seines Apostels Gebot
Muß ich ausfahren zu meiner Not.«

Indem der Teufel dieses sprach,
fiel hin das Bild, daß es zerbrach,
Und er selber in wahrer Gestalt
Mußte sich zeigen durch Gottes Gewalt.
Schwarz wie ein Mohr war er fürwahr,
Lang und zottig Bart und Haar.
Wie Feuerfunken glühten
Die Augen ihm und sprühten.
Ein Schwefeldampf ging ihm vom Mund.
Mit feurigen Ketten gebunden, stund
Er da und bat den heiligen Mann,
Daß er ihn frei mache vom Bann.
Der bannte ihn bis zum jüngsten Tage
In eine Wüste zu seiner Plage.
Als der König dieses sah,
Ergab er sich vor Schrecken da
Aus vollem Gemüte
In Gottes Güte
Mit Weib und Kind
Und allem Volke und Gesind.
Er folgte unseres Herren Wort
So innig jetzt und immerfort,
Daß er durch tugendliche Art
Darnach ein rechter Prediger ward.

Die Stadt Albanopolis lag ganz nah;
König Astyages herrschte da,
Des Polymius' Bruder; aber beide
Waren sehr ungleich; denn ein Heide
War jener und haßte christliche Zucht.
Die Heidenpriester auf ihrer Flucht
Fanden darum in seinem Lande
Hilfe und Trost für ihre Schande.

Er schickte tausend reisige Mannen
In seines Bruders Land von dannen;
Die griffen alldort tückisch an
Jenen gotterwählten Mann
Und schleppten ihn mit sich zuhand
In ihres bösen Herren Land.

Astyages wollte den Frommen zwingen,
Er sollte üble Opfer bringen
Seinem Gotte, Baldach genannt.
Doch jener weigerte sich. Zuhand
Fiel auch des Gottes Bild zur Erde
Und zerbrach. Mit grimmer Geberde
Zerriß vor Schmerz der König sein Kleid.
Zu rächen seines Gottes Leid,
Ließ er den Frommen mit Knütteln schlagen
Und dann verkehrt am Kreuze plagen,
Dann ihm die Haut vom Leibe schinden,
Um höchste Not ihm zu erfinden;
Und da dem Helden nichts schuf Grauen,
Endlich das Haupt herunter hauen.

Er ward von den Seinen mit Ehren begraben.
Die argen Teufel aber haben
Den König, seine bösen Kränker
Und alle Helfer und Henker
Zu Tode gedrückt. Polymius, der gute
König, erfuhr mit traurigem Mute
Des Bruders Tod in diesen Tagen,
Und daß er Bartholomäus erschlagen.
Er selber wurde in dieser Zeit
Zum Bischofe daselbst geweiht
Und machte noch wohl zwanzig Jahr
Gottes Ehre offenbar.

Als die Leute in dem Lande
Aerger wurden zu ihrer Schande,
Warfen sie des Apostels Gebein
Im Sarge in das Meer hinein.

Der Sarg schwamm gen Sicilienland
Zu einer Insel Lipparis genannt.
Von dort kam der Leib nach Benevent
Und Rom. – Sei's, wo es sei, ihn kennt
Sein Meister und er hilft den Reinen,
Die ihr Gebet mit ihm vereinen.

Bartholomäus, 24. Aug. 71 (?). Passional S. 282 f.


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