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Vierter Teil.
Von Diocletian bis Constantin

Mauritius und die thebaische Legion

Nun gilt's den letzten schwersten Kampf
Wider des Drachen Fieberkrampf.
Ihr Helden und ihr Ritter, auf!
Wohlauf zum höchsten Siegeslauf!

Zweihundert sechs und achtzig Jahr'
Nach unseres Herrn Zeit fürwahr
Hatte zu Rom Diocletian
Mit dem Mitkaiser Maximian
Die höchste Gewalt. Den Fürsten beiden
Lag am Herzen der Glaube der Heiden,
Und sie wollten die Christen
Mit Gewalt und Listen
Verderben in allen Landen,
Die ihnen zu Diensten standen.
Sie schrieben Briefe in das Reich
Hinaus, es sollten alle gleich
Den Göttern Roms sich weih'n
Oder des Todes sein.

Nun war zu dieser selben Zeit
Das Reich in einem schweren Streit
Gegen Gallien. Da erließ
Man wieder Briefe und hieß
Alle Ritter gewaffnet kommen.
Die Briefe kamen auch zu den frommen
Leuten nach Theben in die Stadt,
Die hundert große Thore hat.
In Aegypten ist sie gelegen.
Apostel Jacobus auf seinen Wegen,
Der Christi Bruder ist genannt,
Hat einst bekehrt auch dieses Land.

Die Herren der Thebaïs wollten
Die Kaiser ehren, wie sie sollten,
Und schickten eine Legion
Ihnen zu Hilfe hin, davon
Mauritius der Herzog war.
Der Fahnenträger aber war
Exsuperius der gute.
Hauptleute von heldenhaftem Mute
Waren Victor, Candidus,
Constantius, Innocentius
.
Der Sechse jeder hatte sodann
Tausendeinhundert und zehn Mann
Unter sich. Im ganzen war
Sechstausend sechshundert die Zahl der Schar,
Und sechsundsechzig noch dabei.
Sie waren alle kühn und frei
Nach gutem ritterlichen Preise,
Und doch in solcher Weise,
Daß sie christliches Gebot
Festhielten bis zum Tod.

Als sie nach Rom gekommen waren,
Da gingen diese frommen Scharen
Zuerst zum Papste fröhlich hin,
Um ihn zu ehren mit treuem Sinn.
Er tröstete sie mit seinem Segen
Und bat die guten Christendegen,
Mit keinem einzigen Schritt
Zu fallen aus des Glaubens Tritt.

Der Kaiser Maximianus nahm
Nun dieses ganze Heer und kam
Ueber des Gebirges Wege.
Da wollte er nach der Heiden Pflege
Den Abgöttern für sein Leben
Zu Octodurum ein Opfer geben.

Als Mauritius dies vernahm,
Wich er von dannen, bis er kam
An des Rhodans Flut, den Heiden
Ferne, das Opfer zu vermeiden.

Als nun Maximianus hörte,
Sie wären Christen, da empörte
Sich all sein Mut, und er befahl,
Sie sollten opfern allzumal;
Wo nicht, so sollte der zehnte Mann
Verfallen sein dem Todesbann.

Als dies vernahmen die Helden wert,
Da ließen sie fallen Schild und Schwert,
Dem Kaiser gehorsam und auch Gott.
Sie sprachen ihrer Pflicht nicht Spott,
Gegen die Feinde zum Kampf bereit,
Nicht aber gegen die Obrigkeit.

Als so die Christen gezehntet waren,
Befahl der Kaiser den frommen Scharen,
Sie sollten, größeres Leiden zu meiden,
Nun endlich opfern den Göttern der Heiden,
Oder nochmals gezehntet sein.
Da wählten die Helden, bieder und rein,
Das letztere. So ward ohne Klagen
Auch Herzog Mauritius erschlagen.

Nun nahm die Fahne unverwandt
Exsuperius in die Hand
Und ließ dem argen Kaiser sagen:
»Sieh' uns bereit, die Feinde zu schlagen!
Dazu sind wir in deiner Pflicht.
Jedoch versuche länger nicht,
Uns fürder mehr zu rauben
Unseren heiligen Glauben.«

Als der Kaiser dies vernahm,
Befahl er wild und unbeugsam,
Daß all das Heer umringen solle
Die Legion, die mutesvolle.

Die fielen fröhlich auf die Knie.
Hin warfen sie die Waffen hie
Und ließen sich, ohne zu streiten,
Von den Reitern überreiten.

Einige Christen aber nahmen
Damals die Flucht und entkamen
Und predigten anderwärts den Glauben,
Bis sie des Lebens ließen berauben
Die Heiden an manchem anderen Ort.

Ein junger Ritter kam auch dort
Nach einigen Tagen hin und sah
Die vielen Toten fern und nah;
Victorinus war er genannt
Und Christi Lehre zugewandt.
Er fragte die Krieger, was das bedeute;
Und als ihm Rede standen die Leute,
Da rief er aus: »Weh', wär ich gekommen
Zuvor, um doch mit diesen Frommen
Zu sterben, so läg' ich mit Ehren da
Und meine Seele wäre schon nah'
Dem Angesichte Gottes des Herrn!«
Die beiden vernahmen das nicht gern.
Sie schrieen: »Was du da begehrt,
Das wird dir leicht von uns gewährt!«
So ward er tot geschlagen,
Die Märtyrerkrone mitzutragen.

Den Leib des heiligen Mauritius hat
Kaiser Otto in die Stadt
Magdeburg gebracht. Die Lanze
Des Helden ward im Siegesglanze
Den deutschen Heeren vorgeführt
Und wohl geehrt, wie sich's gebührt.
Und Kaiser Friedrich mit dem roten Bart,
Als er zu Rom gekrönet ward,
Da legte er die Stiefel an
Und Sporen, die der heilige Mann
Bei seinem Tode hatte getragen.

Wir haben dies auch hören sagen,
Daß von den Helden manche entkamen.
Ursus und Victor die beiden nahmen
Zu Solothurn darauf ein Ende;
Sie fielen durch der Heiden Hände
Auf den Befehl des Hyrtacus,
Des Herrn der Stadt, der dem Beschluß
Des Kaisers nicht zu trotzen wagte.

Cassius und Florentius jagte
Nach dem Norden bis nach Bonn,
Wo man sie enthauptete. Gereon
Mit noch dreihundert anderen kam
Bis gegen Köln, da er vernahm,
Daß der Empörer Carausius
Im Felde stehe. Sein Entschluß
War, gegen die Feinde Roms zu kriegen.
Er mußte aber zuvor erliegen
Der Wut der römischen Heiden. Noch ehrt
Das heilige Köln den Märtyrer wert.

Held Victor mit dreihundert Mann
Ward bei der Burg von Xanten dann
Gemartert und getötet.

Auch Triers Boden ward gerötet
Mit dieser frommen Scharen Blut.
Zwei ihrer Führer, edel und gut,
Thyrsus und Bonifatius,
Wurden durch Rictiovarus,
Den Herrn der Stadt, getötet. Der Schlimme
Wütete noch im tobenden Grimme
Gegen das Volk und die Edlen der Stadt,
Da man für die Helden bat.
Dabei fiel auch Palmatius.

Von andern künd' ich noch zum Schluß.
Alexander, der Kämpe frisch,
Der zu Bergamo den Opfertisch
Mit Weiherauch umstoßen wollte,
Auf dem er den Göttern opfern sollte,
Sank, durchbohrt von vielen Stichen,
Unter den Händen der Kaiserlichen.
Secundus fiel in Ventimiglia,
Und Felix der Stadt Zürich nah'.
Er war fliehend hingekommen
Mit seiner Schwester, der frommen
Regula, die ihn begleitete.
Das edle Paar verbreitete
Noch daselbst das Christentum,
Bis sie der Stadthalter, ihnen zum Ruhm,
Enthaupten ließ. Als die Patrone
Von Zürich tragen sie nun die Krone.
Verena, Regulas Freundin, lebte
Noch lang als Einsiedlerin und strebte,
Dem Volke Gutes zu erweisen.
Die ganze Schweiz wünscht sie zu preisen.

Damals vergoß Rictiovarus' Wut
Auch Sankt Gentianus' Blut,
Der in Amiens mit gastlichem Sinn
Den Fuscian und Victorin,
Zwei Missionare, willkommen hieß
Auf ihrem Wege nach Paris.
Er ließ den Wirt mitsamt den Gästen
Enthaupten, ihrem Heil zum besten.

Doch dies war nur des Leids Beginn;
Zu größerm noch ruf' ich euch hin.

Mauritius, 22. Sept.; Ursus, 30. Sept.: Cassius, 10. Okt.; Gereon, 10. Okt.; Kaiser Diocletian, 284-305; Maximian, 286-310; Felix und Regula, 11. Sept.; Verena, 1. Sept.; Passional II. S. 485.


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