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Christi Geburt

So kam nunmehr die Zeit so klar,
Da der Baum des Lebens gebar
Die wunderbare Frucht
Aus Gottes schöner Zucht.
Viel Wunder in der Zeit geschah:
Drei Sonnen sah
Man am Himmel in lichtem Schein;
Die Welt erschrak drob allgemein.
Sibylla hatte vorhergesagt
Von dieser kaiserlichen Magd
Und von ihrem Kinde;
Doch nicht verstand es die Welt, die blinde.

Es herrschte damals im römischen Land
Augustus, der Kaiser hochgenannt,
Den die Römer wollten machen zu Gott;
Er aber hielt es nur für Spott.
Er sandte in der Stille
Nach der Weissagin Sibylle,
Daß sie ihm thäte kund
Durch ihren weisen Mund,
Was dieses Zeichen dem Geschlechte
Der Sterblichen bedeuten möchte.
Da ließ sie ihn erschauen
Die schönste der Jungfrauen
In jener Sonne klar und rein,
Die hielt ein göttlich Kindelein.

Der Ort, wo dies der Kaiser schaute,
Ist heute eine heilige Baute,
Die » Ara coeli« wird genannt:
»Des Himmels Altar« wohlbekannt,
Weil der Kaiser an dieser Statt
Zuerst nach der Sibylle Rat
Weihrauch dem Herrn der Welten schwang
Und selbst in Staub vor ihm hinsank,
Worauf er allem Volk gebot,
Daß man ihn nimmer nenne Gott.

Ein neues höheres Königtum
Ward da begründet, Gott zum Ruhm,
Ein ewigliches Himmelreich,
Darin der Kaiser gelte gleich
Dem Bettler, und als erster prangt,
Der nach dem letzten Dienst verlangt.

Christi Geburt, 25. Dez. Passional S. 16 f.


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