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Jacob der Aeltere

Jacob, der Gottesbote klar,
Der in der heiligen Apostelschar
Der »große« Jacob ist genannt,
War von großer Liebe entbrannt
Stets für Jesus Christ.
Sankt Johannes der Evangelist
War sein jüngerer Bruder.
Nur kurze Zeit hielt er das Ruder
Der Kirche, da er der erste ward,
Der zum Himmel nahm die Fahrt.
Mit seinem Bruder und Petrus war
Er bei der Verklärung wunderbar;
Er sah auch Christi Todesschweiß.

Ihn trieb darauf der heilige Fleiß
In das Land Hispania.
Neun Jünger gewann er da.
Zwei ließ er zur Lehre dort,
Mit den sieben anderen zog er fort
Nach Judäa zurücke.
Er kam zu unserem Glücke
Dabei auch nach Wien herein,
Wo er den Heiden im Eichenhain
Predigte zu Penzing dort;
Noch steht das Kirchlein an dem Ort.

In Judäa fand er dann
Einen zaubervollen Mann;
Hermogenes war er genannt.
Der hatte seinen Jünger entsandt,
Philetus, daß er verkehre
Des Jacobus Lehre.
Doch ward Philetus überwunden
Durch des Jacobus heilige Kunden,
So daß er seinen Meister verließ
Und zu der Christen Scharen stieß.
Als dies Hermogenes vernahm,
In großen Zorn er darob kam.
Er rief den Teufeln, daß sie kämen
Und mit Gewalt aufnähmen
Seinen Feind Jacobum
Und dazu Philetum.
Die sollten sie ihm bringen her,
Daß er sich räche nach seinem Begehr.

Die Teufel aber, durch Jacobs Wort
Gebannt, mußten alsofort
Ihren Meister selber gebunden bringen.
Als dieser seines Plans Mißlingen
Merkte und von Jacob auch
Ward mild empfangen nach Christenbrauch,
Entschloß er sich, sein höllisches Leben
Zu Gottes Ehre aufzugeben
Und seine Sünden zu büßen.
Den Himmelsweg, den süßen,
Ihm zu erleichtern, gab
Jacobus ihm noch seinen Stab,
Daß er gegen des Teufels Listen
Sich damit künftig möge fristen.

Die Bücher der Nekromantie
Brachte der Bekehrte hie
Vor Jacob, um sie zu verbrennen
Und sich von falscher Kunst zu trennen.
Jacobus aber fürchtete sehr,
Daß schon der Rauch das Land umher
Mit Teufelei möchte erfüllen;
Drum warf man sie nach seinem Willen
Tief in des Meeres Grund,
Wo sie niemandem wurden kund.

Hermogenes, das Heil zu mehren,
Ward dann getauft von dem Hehren
Und ward eine schöne Blume,
Reich an christlichem Ruhme,
Mit gar großer Demut.
Er ward ein Prediger so gut,
Daß Gott durch ihn viel Wunder that.

Als dies ersah der Juden Rat,
Da ward ihr Zorn auf Jacob groß.
Ihr Bischof Abiathar beschloß,
Ihn zu fangen und zu binden
Und Ursach seines Tods zu finden.

Wie ihr zuvor habt vernommen,
War Herodes Agrippa von Rom gekommen,
Seitdem ihm war das Judenland
Vom Kaiser Caligula zuerkannt.
Vor diesen ward Jacobus gebracht,
Daß er ihn richte nach seiner Macht.
Am Wege saß ein siecher Mann,
Der flehte den Boten um Heilung an,
Und auf des Herrn Jacobus Wort
Stand er gesund auf alsofort.
Als dies ein Schreiber sah, der ihn
Gefangen führte zum Richthaus hin,
Josias war er genannt, –
Da ließ er fallen aus der Hand
Das Seil, an dem er den Heiligen führte,
Fiel ihm zu Füßen und erkürte
Von ihm das Heil. Als solches da
Der Bischof Abiathar sah,
Klagt' er auch ihn an auf den Tod.
Jacobus aber in solcher Not
Bat um Wasser und taufte ihn.
Drauf führte man sie zum Richtplatz hin
Und schlug ihnen beiden ab das Haupt.
Die Jünger aber, des Meisters beraubt,
Kamen bei dunkler Nacht und rafften
Den Leib auf, den sie von hinnen schafften.

Gott, der wunderbare Gott,
Der nach seines Willens Gebot
Wunder läßt werden
Auf Wasser und auf Erden,
Der wollte auch den Jacobus haben
Dort in Hispanien begraben,
Auf daß das Land noch guten Sinn
Und des Glaubens Gewinn
Dadurch ergriffe.
Nun höret von dem Schiffe,
Darein sie schafften den Leichnam!
Ein Gottesengel kam
Und führte wie an einer Schnur
Das Schiff, bis es zum Lande fuhr.
Dort legten sie auf einen Stein
Den Leichnam; da sank er hinein,
Daß er lag wie in einem Sarg.

Des Landes Königin, übel und arg,
War Lupa genannt, von wölfischem Sinn.
Zu ihr kamen die Jünger hin
Und baten sie, daß sie annähme
Die Gnade, die vom Himmel käme.
Lupa, die arge, aber sandte
Die Jünger fort nach andrem Lande,
Wo ein Fürst, gar grimm gemut,
Vergießen wollte der Frommen Blut.
Ein lichter Engel aber machte
Die Jünger frei und brachte
Sie fort. Der Fürst mit arger Tücke
Verfolgte sie; doch eine Brücke
Zerbrach unter der wilden Rotte.
Nun erst wandte sich zu Gotte
Der Fürst, erkannte seine Schuld,
Erharrte die Boten mit Ungeduld
Und lud sie ein, zu ihm zu kehren,
Ihn und die Seinen zu belehren.

Als Königin Lupa das erfuhr,
Ersann sie neue Listen nur.
Sie sprach: »Zu fördern euer Werk,
Gebt hin auf jenen hohen Berg!
Da hab' ich Ochsen genug.
Die spannet an den Sarg mit Fug,
Und laßt ihn begraben mit Ehre!«
Sie wußte, daß ein Drache wäre
Auf jenem Berg. Doch Gottes Sache
Kam nicht zu Schanden. Jener Drache
Zersprang vor dem Kreuzeszeichen.
Die wilden Stiere, statt zu weichen,
Ließen sich bei den Hörnern fassen,
Bereit, sich in das Joch zu passen.
Sie ließen sich spannen an den Wagen,
Auf den der Sarg ward getragen.
Ungetrieben zogen sie ihn
Bis an die Burg der Königin.
Und durch so viele Wunderzeichen
Begann ihr Herz sich zu erweichen,
Daß sie die Gottestaufe empfing
Und den Weg der Tugend ging.
Sie weihte aber Sankt Jacobe
Ihren Palast zu Gottes Lobe,
Zur Kirche und zum Ruheort.
Compostella hieß hinfort
Die Statt, zu der viel Pilger gehen
Aus aller Welt mit frommem Flehen.

Jacob d. Aeltere, 25. Juli (41 od. 42 n. Chr.). Passional S. 212 f.


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