Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Eustachius

Mit Titus und Vespasian
Erkämpfte schon als junger Mann
Eustachius im Judenkrieg
Gar manchen heldenhaften Sieg.
Stets höher stieg sein Heldenruhm
Im ganzen römischen Kaisertum,
Bis ihn Traian, der ihn wohl kannte,
Zum Feldherrn alles Heers ernannte.
Der Edle war noch Heide, bis
Ihm Christus selbst die Wahrheit wies.

Auf einer Jagd ließ er dem Reinen
Einen wundergroßen Hirsch erscheinen,
Zwischen dessen Zackengeweih'n
Ein Kreuz erglänzte in lichtem Schein.
Theopista, sein edles Gemahl,
Hatte eben dazumal
Auch im Traum ein göttlich Gesicht.
Christus erschien ihr hell und licht
Mit dem Kreuz. Da zögerte nicht
Länger mehr des edlen Sinn.
Er ging zum Papste selber hin,
Ward von ihm getauft und wohl belehrt,
Sein Name Placidus aber verkehrt
Zu neuem Klange: Eustachius.

Jedoch nach Gottes hartem Beschluß
Traf den Bekehrten Leid auf Leid.
Die Seuche raffte in kurzer Zeit
Sein Vieh und seine Diener hin.
Die Räuber überfielen ihn.
Ganz arm entzog er sich dem Spott
Der Menschen und beschloß, mit Gott
Fort nach Ägypten hinzuzieh'n.
Jedoch des Schiffsherrn harter Sinn
Ließ ihn nicht ohne Fährgeld fort;
Als Unterpfand behielt er dort
Theopista, die schöne Frau.
Klagend wanderte durch die Au
Ägyptens mit den beiden Söhnen
Eustachius, als ihm mit Dröhnen
Ein Strom den Weg versperrte. Weh,
Indes der Arme in der Näh'
Und Weite suchte nach einem Steg,
Verlor er die Kinder! Seinen Weg
Setzte er fast verzweifelnd fort,
Bis er an abgelegenem Ort
Bei einem Bauer Dienste nahm.
Dem dient' er treu und lobesam
Als Knecht wohl an die fünfzehn Jahr'.

Zu jenen Zeiten aber war
Kaiser Traianus hart bedrängt
Von seinen Feinden, und es kränkt
Ihn sehr, daß ihm sein Feldherr fehle.
Doch neu erhub sich seine Seele,
Als man nun endlich im fernen Land
Als Knecht den tapfern Feldherrn fand.
Gehorsam seinem Kaiser, kam
Der Held zurück nach Rom und nahm
Mit Ehren ein das alte Amt.
Man rüstet zum Kriege allgesamt.

Nun darf ich gute Kunde melden:
Die beiden Söhne, die dem Helden
Dereinst verloren gegangen sind,
Sie leben noch; denn gut gesinnt
Hat sie ein Hirte aufgezogen.
Von hoher Tapferkeit bewogen,
Wollen sie mit zum Heere zieh'n.
Sie kommen in ein Städtlein hin
Und nehmen Herberg' bei einem Weib.
Es ist ihre Mutter, die ihren Leib
Vor jenem Wüstling gerettet hatte.
Unwissend nimmt die Leidensmatte
Die unbekannten Söhne auf.
Indessen zieht zu Heer und Hauf
Eustachius daher; die Arme
Bittet ihn, daß er sich erbarme
Ueber eines ruhmvollen Feldherrn Frau.
Er sieht, er stutzt, er erkennt genau
Die Teure trotz verlor'ner Schöne.
Da finden sich wieder die beiden Söhne
Theopistus und Agapet,
Dem ganzen Volk zur Lust. Nun geht
Es doppelt freudig in den Krieg.

Dem Rückgekehrten lohnt den Sieg
Traians Nachfolger Hadrian.
Doch weh', der will im alten Wahn
Den Götzen feiern das Siegesfest.
Fern bleibt Eustachius. Da läßt
Ihn Hadrian kommen. »Herr, ein Christ
Bin ich, dem es verboten ist,
Vor falsche Götter hinzutreten;
Zum einigen Gott nur will ich beten!«

Der Kaiser droht. Der Held wankt nicht,
Bis die Geduld dem Herrscher bricht
Und er befiehlt, die Qual zu schärfen,
Ihn und die Seinen hinzuwerfen
In einen glühenden Stier von Erz.
So zogen endlich himmelwärts
Die Guten fort nach so viel Leiden,
Froh, aus der Leidenswelt zu scheiden.

Eustachius, 20. Sept. 118.


 << zurück weiter >>