Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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An mein Kind.

Erzherzogin Marie Valerie, die ihrer Mutter Elisabeth ihre Liebe zu Erzherzog Franz Salvator gestanden hatte.

Verliebt, verliebt! und folglich dumm;
Ich kann dich nur bedauern.
Lang geh ich schon hienieden um,
Mich macht die Liebe schauern.

Doch meinem treuen Rate bleibt
Dein Ohr taub und verschlossen,
Was Knospen in dem Herzchen treibt,
Das will nun blüh'n und sprossen.

Was nutzt es, dass ich Mutter ward,
Und dir zur Lieb entsagte
Dem Leben, wo nach Feenart
Ich wild die Welt durchjagte?

Fort zieht es dich aus meiner Näh'
Zu jenem blassen Knaben,
Trotzdem ich ehrlich dir gesteh',
Ich möchte ihn nicht haben.

Du siehst im Geiste um dich her
Der Kinder zwölf schon wogen,
Zwölf Rotznäschen liebst du dann mehr
Als mich, die dich verzogen.

Die Lieb' ist dumm, die Lieb' ist blind!
So steht's im Schicksalsbuche,
Du musst nun ebenfalls, mein Kind,
Dich beugen diesem Fluche.

Ich aber breite trauernd aus
Die weiten weissen Schwingen,
Und kehr' ins Feenreich nach Haus –
Nichts soll mich wieder bringen.


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