Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Nur Coral-Nymph

Name eines kaiserlichen Reitpferdes.

mit dem Vertrauten,
Im Nebelgrau am Waldesrand,
Zwei stumme Zeugen sie, es schauten,
Wie ich dir meine Lieb' gestand.

Nie jagen sie mehr Seit' an Seite
In leichtem Fluge mit uns hin,
Wo du bei hellem Meutegeläute
Manch' liebes Wort mir zugeschrie'n.

Weisst du noch jenen grünen Garten,
Die alte Mauer fasst ihn ein,
Wo wir um Mittag deiner harrten
Im gold'nen Maiensonnenschein?

Noch werfen mir dieselben Buchen,
Gleich Bildern der Vergangenheit,
Komm' ich zu ihnen Kühlung suchen,
Die Schatten jener alten Zeit.

Das Sommerhäuschen steht noch immer,
Doch sind die Jalousien zu;
Es störet Liebesflüstern nimmer
Dort drin die kühle Grabesruh.

Wo ist der Schlüssel hingekommen?
Ich sucht' ihn ewig nicht hervor,
Den du zu meinem Herz genommen,
Der ging dir längst schon in Verlor!

Denkst du noch jenes Zaubereilands?
Bei Nacht betrat's zuerst dein Fuss;
Es sandten dir vom Sommerhimmel
Die Sterne all' den Willkommgruss.

Durch dichtes Laub der hohen Bäume
Drang gastlich Lichterschein dir her;
Du schienst versetzt ins Land der Träume;
Und ferne rauscht' das grosse Meer.

Das grosse Meer weht' in den Erker
Die kühlen Brisen dir hinein,
Wo du gebannt im trauten Kerker,
Es sperrt' ja Liebe dich dort ein!

Ums hohe Fenster rankte Epheu,
Noch jetzt hält er am Schlosse fest,
Ach! nur mein Geist, er ward dir untreu
Dein Herz bot ihm kein bleibend' Nest.

Die Liebe führt in alle Länder,
Sie zog dich in die Normandie;Eine Anspielung auf Elisabeths Reitunfall 1875 in Sassetôt in der Normandie, wo Franz Joseph sie trotz politischer Schwierigkeiten besuchen wollte, wegen der schnellen Genesung seiner Frau aber schließlich von der Reise absah.
Du warst im Geben ein Verschwender,
Und doch erschöpft' dein Herz sich nie!

Nun folg' mir noch zu Maskenscherzen,
Was kümmert's uns, dass draussen kalt!
Wir tragen Sommer in dem Herzen;
Der Saal von tausend Lichtern strahlt.

Wie sich die bunten Masken drängen,
Welch' Summen, Toben, Lärmen, Schrei'n,
Wie sie zu tollen Walzerklängen,
Den Mücken gleich, sich dreh'n und freu'n.

Doch wir zwei wählten uns das Beste;
Wir sassen in den Wagen ein,
Der ward uns bald zum warmen Neste;
Und Dunkelheit hüllt' rings uns ein.

Ach! muss die Liebe denn erkalten,
Gibt's nichts, dass sie wohl fesseln mag?
Kein Band, den wilden Geist zu halten,
Zu binden seinen Flügelschlag?

Ich seh' dich reiten, ernst und traurig,
In Wintersnacht im tiefen Schnee;
Es bläst der Wind so eisig schaurig,
Dir ist so schwer zumut, so weh!

Im dunkeln Osten fahl verschwommen,
Da dämmert jetzt ein blasser Tag,
Mit Centnerlast das Herz beklommen,
Trägst heimwärts du die bitt're Klag'.

Und während du im grauen Zwielicht
Vergleichst das gold'ne Einst und Jetzt;
Auf meinem Lager ruh' auch ich nicht
Und weine, dass ich dich verletzt.

Ich raufte mit des Schicksals Mächten,
Ich trat in offne Rebellion,
Ich wollt' mit ihnen schlagen, fechten,
Und sprach ihrem Gebieten Hohn.

Ich habe heiss um dich gerungen,
Ich wich nur Schritt um Schritt zurück;
Und dennoch wurde ich bezwungen;
In Schutt und Asche lag mein Glück.

In hellen Flammen steht die Brücke,
Die mich dereinst mit dir verband;
Nur einmal blickt mein Geist zurücke,
Eh' er auf ewig abgewandt.

Hab', armer Freund, dich wohl betrogen,
Als ich mich in dein Herze stahl,
Hätt' mich fast selbst dort festgelogen
Zu unsrer beiden Schmerz und Qual.

Du ahntest nichts von meinen Schwingen,
Was Schwingen hat, ist niemals treu;
Nie lässt sich in den Käfig zwingen,
Und wär' er golden auch, was frei.

Nicht ewig mag sich tändelnd gaukeln
Der Schmetterling am Blumenflor;
In blauen Lüften frei zu schaukeln,
Hebt er sich bald wieder empor.

Die Schwalbe ruht in keinem Lande;
Wo sie noch heute gern geweilt,
Da sprengt sie morgen schon die Bande,
Ist leichten Fluges fortgeeilt.

Selbst meine Möve wechselt Stelle;
Sie folgt mit weissem Flügelschlag
Der schaumbekränzten Meereswelle
Und gleitet stolzen Schiffen nach.

Drum, denkst du dran, dich zu vermälen,
O Freund, befolge meinen Rat,
Schau' sorgsam d'rauf bei deinen Wählen,
Dass sie ja keine Flügel hat!

Dann kannst du ruhig ihr vertrauen,
Mit dir zu zieh'n im Ehejoch;
Auf ihre Treue Häuser bauen,
Es blüht solides Glück dir noch.

Nur staune nicht, wenn beim Verrichten
Nach altem Patriarchenbrauch
Der legitimen Ehepflichten
Dich streift ein eisigkalter Hauch.

Es ist der Geist der alten Liebe,
Der zieht mit leisem Flügelschlag
An deinem Herzen still vorüber,
Dass es dir schier erstarren mag.


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