Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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An Tunelius.

Tunelius! Du Mann aus Tuna,Tuna, Ort am Dal-Elf nahe der Bergwerkstadt Falun in der mittelschwedischen Landschaft Dalarne (Dalekarlien). Der aus Tuna stammende »Tunelius« war der Masseur der Kaiserin.
An Dalecarliens Grenze nah,
Der oft vereiniget mit Luna
Im hohen Nord schon Phöbus sah.

Der stundenlang mir vorerzählte
Von seiner Heimat wilden Fiords,
Bis Sehnsucht mir die Brust auch schwellte,
Wie er sie preist beredten Worts.

Tunelius ich sah dich heute
Als Elefant im Traum der Nacht;
Die Augen strahlten dir vor Freude,
Und stolz warst du in deiner Pracht.

Ein grauer Dom auf Riesensäulen,
Hob sich dein Körper hoch empor,
Die breiten Ohren warfst zuweilen,
Wie tief im Sinnen, du nach vor.

Die weissen, sanft gebognen Zähne
Aus reinstem, echten Elfenbein,
Des höchsten Vollblutes Embleme,
Sie leuchteten im Sonnenschein.

Den langen Rüssel majestätisch
Schwangst du bedächtig hin und her;
Ein ind'scher Götz, ein heil'ger Fetisch,
So standst vor mir du inhaltsschwer.

Doch nun erhobst du deine Stimme,
Die dröhnte laut wie Paukenschall,
Schon wähnt' ich dich in wildem Grimme
Und kam vor Schrecken fast zu Fall.

Du sprachst: »Der Seele höchstes Sehnen,
Ihr heisser Wunsch, er ward erfüllt,
Lang mag der Tod nun nach mir gähnen,
Mein Durst nach Leben wird gestillt.

Als Elefant zweihundert Jahre,
Wer weiss, vielleicht auch hundert mehr,
Wird mir das Glück, dass ich gewahre
Der Erde Schönheit: Himmel, Meer.

Jahrhundertlang darf ich nun stillen
Den Elefantenappetit,
Darf mir den grossen Wanst anfüllen
Und fressen fast bei jedem Schritt.

Dabei am Himalaya weiden
Wird sich mein Blick, berauscht, entzückt;
Vor ihm werd' ich mein Lager breiten
Aus Palmen, die ich mir zerdrückt.

Doch höchstes Huldgeschenk der Götter,
Sieh hier, ist dieses dicke Fell;
Nie mehr schmerzt mich ein Pfeil der Spötter,
Kein Feind trifft mehr 'ne wunde Stell'!«


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