Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Herbstnachmittag.

Der Himmel ist wie ein Turkoise blau,
Kaum dass sich hier und dort ein Wölkchen ballt
Aus Süden weht der Wind und ist doch rauh,
Die Sonne glänzt und lässt mich dennoch kalt.

Des Gartens Bäume sind wohl noch belaubt,
Doch haben kalte, lange Nächte schon
Des frischen grünen Schmuckes sie beraubt,
Und streuten drauf des Herbstes gelben Ton.

Die Blumen sind am Waldeshang erblasst
Und neigen sich wie Leichen farblos hin,
Tief purpurn glänzt die Vogelbeer' am Ast,
Und Berberitzen glühen wie Karmin.

Die Schwalben eilten längst ins ferne fort;
Die frischen Amsellieder sind verstummt;
Der ernste Wald ist jetzt der Raben Hort,
Des dunkeln Heers, im Fittig schwarz vermummt.

Ich wandle einsam in dem Buchengang,
Des Thaies Glocken läuten dumpf dazu
Und künden an mit ihrem schweren Klang,
Dass unten wieder einer ging zur Ruh'.

Und ich – ich weine, bin ich doch allein,
Wohl nicht um jenen fremden Toten dort;
Ich klage um des Lenzes holden Schein,
Ich weine um die Rosen, die verdorrt.


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