Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Den Juli 1887 verbrachte die Kaiserin auf einer Seereise in England und einem Badeaufenthalt im Seeort Cromer in Norfolk.

Nordsee-Skizzen.

Juli 1887.

Auf den Cromer Downs.

I.

Es tollen drei Schwalben im Blauen herum,
– Tief unten schäumen die Wogen –
Der Ehmann da oben war wohl wieder dumm
Und wurde vom Weibchen betrogen.

O wäre doch lieber die Schwälbin jetzt ich!
Mir könnten die Beiden gut streiten,
Ich liesse den Mann sammt dem Liebsten im Stich
Und flog' unversäumt in die Weiten.

II.

Gelagert auf dem Rasen
Hoch auf den grünen Downs,
Verloren in Extasen,
Werd' ich nicht müd' des Schaun's.

Vor mir liegt ausgebreitet
Das dunkelblaue Meer;
Wie Silber tanzt und gleitet
Der Wellenschaum daher.

Es tauchen Segelschiffe
Am fernen Horizont
Urplötzlich aus der Tiefe,
Vom Mittagslicht besonnt.

Dann wieder graue Säulen
Des Rauches, lang gedehnt,
Die rasch alsbald enteilen,
Eh' sie das Aug' erkennt.

Und in der reinen Bläue
Des Sommerhimmels zieh'n
Der Möven, ihrer dreie,
Vor meinem Blick dahin.

»O Schwestern, nicht so eilig!
Mein Herz ist mir so voll,
So meerberauscht und heilig,
Dass es nicht schweigen soll!«

Stolz, ohne nur zu winken,
Zieh'n stumm sie mir vorbei;
Doch hier zu meiner Linken
Wer blinzelt pfiffig, treu?

Wie grüssen ein Paar Ohren
Gar wohlbekannt mir zu ...
Wenn nicht so rein geboren,
Sein Vetter bist doch du!

Ja, Maultier ist der Gute,
Der sich zu mir gelegt,
Ein Bild, wie er da ruhte,
Die Viere lang gestreckt.

Es haben läst'ge Fliegen
Sich um sein Aug' gruppiert,
Als Philosoph lässt kriechen
Er dort sie, ungeniert.

Nachlässig, hebt er träge
Manchmal den dünnen Schwanz;
Die kleinen Hufbeschläge
Glitzern im Sonnenglanz.

Im Hintergrunde wogen
Die Ähren in dem Feld,
Mit rotem Mohn durchzogen. –
Und vor uns liegt die Welt.


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