Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Zerstört.

I.

O sprich mir nicht von jenen Stunden,
Wo wir einander angehört;
Mit ihrem Glück sind sie entschwunden,
Und unser Eden ist zerstört.
Doch wird ihr Angedenken leben,
Bis Ruhe uns der Tod gegeben.

Vermöchten wir je zu vergessen,
Dass ich dir meine Seele gab,
Dass du mein Alles mir gewesen,
Und ich dir Treue schwor zum Grab?
Ich sah im Aug' dir Liebe glühen,
Ein Lächeln deinen Mund umziehen.

Wenn ich an deine Brust mich lehnte,
Wie tief und innig war der Blick,
In dem mein Paradies ich wähnte,
Wie warm schlug dir mein Herz zurück –
Wie weltvergessend wir uns küssten,
Als ob wir Seelen tauschen müssten!

Ich sah die schwarzen Wimpern senken
Sich über deines Auges Glanz,
Als wolltest unbelauscht versenken
In deinem Glücke du dich ganz,
Es war mein Trachten nur, mein Streben,
Dich immer süsser zu umweben.

Dass unsre Liebe neu erblühte,
So träumte mir in dieser Nacht;
Und doch ist ob der wilden Mythe
Ein Klang in meinem Herz erwacht;
Wird es nie ganz die Ketten sprengen?
Soll nichts dein Bild daraus verdrängen.

Drum lass mich niemals, niemals hören
Von Stunden, die auf ewig floh'n,
Die nimmermehr uns zwei gehören
Und deren Seligkeit jetzt Hohn;
Denn, dass wir einstmals uns besessen,
Bedeckt der Tod nur mit Vergessen.

II.

Ich brauch' die Zeit dir nicht zu nennen,
Die uns so innig einst vereint,
Und die wir nie vergessen können,
So endlos fern sie jetzt auch scheint.

Gedenkst du jener süssen Stunde,
Wo ich aus willenlosem Leib
Die Seele dir geküsst vom Munde,
Dass sie fortan stets mein nur bleib?

Wohl hatt' ich Kämpfe zu bestehen,
Und manches bittre Leid seither;
doch unsre Liebe sterben sehen,
Nichts andres traf mein Herz so schwer.

Drum war ich wunderbar ergriffen,
Als jüngst man mir ganz heimlich sagt',
Dass es in deiner Seele Tiefen
Noch um die tote Liebe klagt.

Kann ich auch nimmermehr erwecken
In mir der Längstverstorbnen Geist,
So ruht auf ihr doch wie ein Segen
Erinnrung, die du ihr noch weihst.

Ja wahrlich, ich kann ruhig bleiben,
Und stolz darf meine Seele sein;
Du magst dich noch so sehr auch sträuben,
Du warst und bleibst auf ewig mein!


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