Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Die Beziehungen des Kaisers zu Katharina Schratt wurden mit Elisabeths tatkräftiger Hilfe zunehmend enger. Mit Spott, aber auch Wehmut, sah die Kaiserin die Verliebtheit ihres Mannes mit an. Am 1. März 1887 kam die Schratt zum Beispiel nach Schönbrunn, um der Kaiserin und Erzherzogin Marie Valerie Veilchen zu überbringen als erste Frühlingsboten. Dann machte sie an der Seite des Kaisers einen Spaziergang, den Elisabeth in einem Gespräch der Statuen der Ceres und des Perseus im Schönbrunner Schloßpark schildert:

Zwiegespräch auf dem Schönbrunner Parterre.

»Wird's denn ewig Winter bleiben,
Naht der Lenz sich nimmermehr?
Muss er rastlos Flocken treiben,
Dieser Himmel, grau und schwer?

Kann den Korb kaum mehr erheben,
Von des Schnees schwerer Last,
Sie bedeckt schon Blumen, Reben,
Ja, mein schönes Haupt auch fast.

Und ein Eiszapf hat vermessen
Meine Griechennas' behängt;
Hat aufs Schneuzen wohl vergessen,
Mancher Dummkopf nun sich denkt.

Doch das schwerste zu ertragen,
Ist der endlose Ennui;
Seh' nur Schneeschaufler sich plagen,
Wahre Sisyphos-Manie.

Ja, da lob' ich Sommers Wärme.
Preis' den Wonnemonat Mai;
Aus der Stadt zieh'n endlos Schwärme
Heitern Volks mir dann vorbei.«

Also klagt die schöne Ceres
Ihrem Nachbar Perseus;
Dieser neigt sein Haupt, sein hehres,
Unter ihrem Redefluss.

Seine ernste Marmorstirne
Ist vom Flügelhelm bedeckt,
Und das Schlangenhaupt der Dirne
Hält die Linke stramm gestreckt.

Doch nun lässt er sich vernehmen,
Und er hebt zu reden an:
»Deine Neugier lang zu zähmen,
Ceres, hat dir weh gethan.

Hier von meinem Postamente
Ward ich's tausendmal gewahr,
Wie du durch die grünen Wände
Lauerst auf ein liebend Paar.

Geh'n sie langsam auf und nieder,
Folget ihnen stets dein Blick,
Jedes Wort erhaschst du wieder,
Kehren sie zu dir zurück.

Schreibst wohl amüsante Briefe
An Proserpina, dein Kind,
Die da gähnet in der Tiefe,
Wo Langweil und Pluto sind.

Sturm und Eis beut dir jetzt schweigen:
Mit des Maies Blütenschnee
Hängt der Himmel voller Geigen,
Und beginnt dein Lauschmetier.«

»Pst!« ruft plötzlich freudig Ceres,
»Sieh das Paar, das sich dort naht,
So viel Glut, beim Zeus, ich schwör' es,
ein verliebtes Aug' nur hat.

Liebe leiht dem Alter Schwingen,
Ist das Haupt auch glatt und kahl;
Amors Pfeile tiefer dringen
In ein altes Herz zumal.

An den weissen Backenhaaren
Streift er mit der Hand entlang.
Jugendlich ist sein Gebaren
Und elastisch leicht der Gang.

Doch in ihrem Aug' zu lesen,
Fällt mir schwerer schon fürwahr,
Horchen will ich nun indessen,
Dann wird mir bald alles klar.«

»Ceres, Ceres!« Perseus mahnet,
»Was auch immer du jetzt hörst,
Wenn durch dich es jemand ahnet,
Wisse, dass du mich empörst!

Denke an die alte Dame,Kaiserin Maria Theresia.
Die uns hieher stationiert,
Ehrwürdig sei uns ihr Name,
Nicht durch uns sei sie blamiert!«

»Ja«, sagt Ceres ganz bescheiden,
»Lieber Nachbar, du hast recht;
Ungeschor'n lass ich die Beiden,
Hier war' horchen wirklich schlecht.«

Übrigens »Quod licet Jovi«
Ist ein weiser alter Spruch;
So viel sag' ich jedem Bovi.Anspielung auf: Was Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt.
Doch nun wisset ihr genug.


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