Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Sonnenuntergang.

Ich komm' vom Berg gestiegen
Ganz trunken und betäubt;
Ich sah Gedanken liegen,
Wie Gott sie selbst nur schreibt,

Aus scharfen, steilen Zacken
Sprach ernst die hohe Schrift,
Sie war in Eis geschlagen,
In schneebedeckte Trift.

Am Abendhorizonte
Lag das Jehovawort,
Hinstarrend, schauend konnte
Ich weiter nicht vom Ort.

Da plötzlich glüht's und leuchtet's
In feuerrotem Licht,
Erblindet fast, mir däucht es,
Bedeckt ich mein Gesicht.

Das war nicht ird'sche Sonne,
Die da ihr Licht ergoss,
Vom hohen Himmelsthrone
War's brennendes Geschoss!

Tief sinnend steig ich nieder
In Tannennacht hinein,
Das Herz voll Gotteslieder,
Die trag' ich mit mir heim.

Krächzend steh'n auf die Raben
Mit schwerem Flügelschlag;
Mag sie gestört wohl haben
Aus ihrem Schlafgelag.

Da hört man Menschen singen,
Es wird gelacht, geschwätzt,
Dass sie jetzt hieher dringen,
Das hat mich tief verletzt!


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