Kaiserin Elisabeth von Österreich
Das poetische Tagebuch
Kaiserin Elisabeth von Österreich

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Aus den familiären Kalamitäten während des Aufenthaltes in Ischl flüchtete Elisabeth in ihre Phantasien mit dem Lieblingshelden Achilleus:Diese Schreibung, offenbar für den Genitiv des Namens (ο = ω), wird von Elisabeth regelmäßig verwendet.

Αχιλλεοσ

I.

Das weite, das hohe, das göttliche Meer
Dem Herrlichsten dient es zum Pfühle;
Das Haupt und die Glieder, so edel und hehr,
Drückt er in die Woge, die kühle.

Darum in jeder Vollmondnacht,
Wenn alles totenstill,
Da öffne ich das Fenster sacht',
Sprech' dreimal fest: »Ich will!«

Und sieh', im weissen Mövenkleid
Breit' ich den Fittig aus,
Zieh' über Länder, viel und weit,
Ob Strom, ob Wald und Haus.

Bis endlich nur noch Dünenland,
In Bogen, sanft und weich;
Fern rauscht schon, wie sich bricht am Strand
Die Flut einförmig gleich.

Noch einen letzten Hügel Sand,
Und strahlend liegt vor mir
Die See im Silberbrautgewand,
Zu mächtig blendend schier.

Und auf ihr ruht der Göttersohn,
Der hehre Achilleus.
Die Wogen rauschen süssen Ton
Geheimnisvoll und leis.

Dreimal umkreisen darf ich ihn,
Mich trunken an ihm schau'n;
Dann muss ich eilend heimwärts flieh'n
Noch vor dem Morgengrau'n.


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