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Mit einem Kopfsprung gewissermaßen stürzte Heinrich Bremer sich nun wieder in die Fluten seiner Arbeit. »Ist der Damm von Gott oder vom Teufel?« hatte Pastor Eschels einmal gefragt, »ist das Werk gut oder böse?« Wenn er heute Elisabeth Eickemeyer so fragen würde – und wenn sie geahnt hätte, wie nahe Heinrich Bremer schon daran gewesen, ihr zu schreiben! – dann würde sie sicherlich in ihrem Leben den Damm als böses Prinzip verurteilen. Aber sie wußte nichts von Heinrich Bremers innerer Unruhe und wurde auch nicht gefragt. Er selbst aber empfand das Werk im Augenblick als gut, nur als gut – wußte er nun doch, wohin mit seiner Unruhe.

Die Ladebrücke vor Morsum-Nösse hatte eine nutzbare Länge von 600 Metern, er verbreiterte sie so, daß drei Gleise nebeneinander darauf verlegt werden konnten. Anstelle der einfachen Hebekräne baute er zwei große Portaldampfkräne darauf auf. Der Winter blieb so milde, daß nur die stehenden Pfützen auf den Sandbänken eine leichte Eisdecke zeigten, daß aber die Strömungen im Watt nicht einmal fest zufroren. Die Schiffahrt Husum-Morsum war nicht für einen Tag behindert. So konnten die Schlepper heranführen, was Bremer nur irgend brauchte. Auf dem flutfreien Morsumer Höhenrücken schuf er einen Lagerplatz, mit direkter Gleisverbindung von der Brücke aus, schuf Wohn- und Magazinbaracken, Werkstätten und Büros; legte aber außerdem noch eine Wohnschute an die Brücke, die bestimmt war, mit der vorrückenden Spundwand ins Watt hinauszuwandern. Denn er war mit Baurat Pflüger einig geworden, die Spundwände im kommenden Sommer nun so zu forcieren, daß sie ihre Feinde, das Holländer Loch, das alte Sylter Ley und das Westerley gewissermaßen überrumpelten.

Kaum war denn auch der Sylter größte Festtag des Jahres, der Petritag mit Biikenbrennen und Tanz und festlichem Gasten und Aufsitzen vorbeigerauscht, als auch die Arbeit im Watt schon angesetzt wurde. Ein ganz anderes Tempo schlug Heinrich Bremer nun an, schickte die Morsumer voraus, die beiden seitlichen Pfahlreihen zu setzen und zu rammen, und da sie mit der kleinen Handramme nicht schnell genug vorankamen, ließ er stärkere Gerüste bauen, ließ größere Rammen von Husum kommen. Den Morsumern auf dem Fuße aber folgten weitere Zimmermannskolonnen, die zwischen den Pfählen Bohle an Bohle rammten, so daß eine feste Wand nun das südliche vom nördlichen Watt, die Hörnumer Bucht von der Lister trennte. Den Zimmerleuten folgten die Schienenleger, die das Transportgleis auf die Spundwand vortrieben. Diesen wiederum die kleinen Lorenzüge, die den Steinschotter brachten zum Einschütten der Bohlenwände. Und kaum war die Spundwand also gesichert, als nördlich von ihr schon die Lahnungen des Spülfeldes entstanden. Als der neue größte Eimerbagger seine Tätigkeit aufnahm, und der Schutensauger mit festen Spülgeräten den groben Sand und Kies zwischen die Buschwände einspülte. Der Kies, den Meinert Lorenzen gefunden hatte, war aber so grobkörnig, daß Steine bis Faustgröße darin vorkamen. So floß das Spülfeld nicht breiig auseinander, sondern lag hoch und fest, die Neigung war kurz und steil – Heinrich Bremer konnte bis zu drei Meter über den normalen Wasserstand hinaus schütten, und er tat es; die Unruhe in ihm kam einzig und allein seiner Arbeit zugute –

– er war bereit, Elisabeth Eickemeyer wieder zu vergessen.


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