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Der Krieg wurde böser von einem Monat zum andern, von einem Jahre zum andern, und endlich fand er sein böses Ende. Die Revolution brach aus. Oder war die Revolution die Ursache, das Kriegsende ihre Wirkung gewesen? Genug, die Jungen kehrten wieder heim. Johannes Petersen mit dem Eisernen Kreuz der ersten, mehrere andere mit dem der zweiten Klasse. Nicht alle freilich sahen die Heimat wieder, eine lange Liste der Gefallenen hatte Pastor Eschels aufzeichnen müssen im Laufe dieser vier Jahre. Peter Borre, der Sohn seiner Base Metta, war gleich bei der ersten Ausbildung gestorben. Metta Bunje hatte vor langen Jahren Peter Borre, den Älteren, geheiratet, obgleich er nichts besaß als eine jämmerliche Hütte auf Abort und das erbärmlichste Stück dürren Heidebodens, das man auf Sylt nur finden konnte. Sie stammte aber aus gutem Hause und hatte sich auf die Dauer in den ärmlichen Verhältnissen nicht wohl fühlen können. So fing sie an zu arbeiten und zu knausern, daß ihr Mann neben ihr verhungerte. Sie brachte einen Krüppel zur Welt, den sie das Schusterhandwerk lernen ließ. Der war ihr echter Sohn, hielt jeden Pfennig gierig fest. Dann kam noch Peter Borre, der Jüngere. Er sollte den Besitz übernehmen, der von einem Jahr zum andern besser gedieh. Dazu gehörte freilich, daß Metta jeden Groschen, jeden Pfennig in das Land steckte, nicht in den Jungen. Sie verkaufte jedes Ei, das ihre Hühner legten; jeden Tropfen Milch, jeden Klumpen Butter. Den Söhnen strich sie Kartoffelmus aufs Brot; das sähe beinah so aus wie Butter, meinte sie.
Der Krämer des Dorfes ließ sich ein Dienstmädchen vom Festland kommen. Das sah immer nett und adrett aus, war immer tätig und folgte der Krämersfrau aufs Wort. Die stach Metta Borre in die Augen. Peter mußte sie heiraten. Es war das erste Paar, das Pastor Eschels traute. Das gute Dienstmädchen wurde aber keine tüchtige Hausfrau. Paula Borre hatte noch nie in ihrem Leben einen selbständigen Handschlag getan. Sie wartete, daß man sie anleitete, und da das nicht geschah, ließ sie die Hühner des Morgens nicht aus dem Stall und die Küken des Abends nicht hinein, so daß nicht wenige von ihnen eingingen. Sie melkte die Kühe nicht leer, so daß der besten endlich die Milch wegblieb. Das Pferd aber, das Metta Borre über Winter nur mit Heu so eben am Leben hielt, daß die Nachbarn im Frühjahr helfen mußten, es wieder auf die Beine zu bringen, jagte Paula in der Koppel so lange hin und her, bis es tot umfiel – ob sie aus Dummheit oder aus Bosheit so handelte, konnte Metta nicht ergründen, aber es machte ihr die Schwiegertochter nicht lieber.
Peter Borre sprach bei alledem nicht mit. Er hatte als Kind niemals von seiner Mutter einen Groschen bekommen, wenn die übrige Schuljugend Feste feierte. Er hatte nie und nirgend mittun können. Er war nicht gewöhnt, etwas anderes zu tun, zu sagen, zu denken, als seine Mutter ihm erlaubte. Sie ihrerseits dachte nicht daran, ihm etwas zu erlauben. Sie dachte nur an den Besitz. Als der Krieg ausbrach, hatte Peter Borre II. noch niemals eine Eisenbahn gesehen, obgleich seit seiner Kindheit schon die Kleinbahn auf der Insel selbst den Verkehr zwischen Munkmarsch und Westerland vermittelte. Da er zur Ausbildung nach Tondern kam, ging er an der veränderten Lebensweise binnen kurzem ein. Zu gleicher Zeit – kaum drei Monate nach der Hochzeit – brachte seine Frau Peter Borre III. zur Welt. Nun richtete sich Mettas ganze Energie auf diesen Erben des Besitzes. Freilich aber hatte sie aus dem Schicksal ihres Sohnes nichts gelernt. Sie verlangte, daß Paula wie vordem weiter arbeitete und keine Zeit damit vergeudete, den Kleinen selbst zu nähren. Gegen Mettas Willen kam Paula nicht auf; aber die Leute aus dem Dorf verkauften ihr keine Milch für den Kleinen. Pastor Eschels ging endlich deswegen zu dem Gemeindevorsteher Peters auf Holm.
»Mag sein, daß es ihre eigene Schuld ist, wenn sie nicht einmal Milch genug für das Kind im Hause hat. Aber um der Barmherzigkeit willen –«
»So kann doch dem Dorf nicht daran liegen, diese Familie hochkommen zu lassen«, antwortete Holm-Peters kalt.
Metta ärgerte sich schnell zu Tode. Nun war noch der Krüppel da, der Sohn ihres Herzens und Sinnens. Er zog durch sein Handwerk Geld ins Haus, aber er konnte den Besitz selbst nicht fördern und mußte zusehen, wie Paula, nun die Alte tot war, alles verschlampen ließ.
»Du bist kein rechter Pastor«, sagte er voller Wut zu Eschels, »sonst müßte ich doch gesund werden, wenn du betest!«
Dann starb auch er. Paula aber verkaufte den Besitz, an dem ihr nichts lag, gegen schlechtes Geld, und die Ältesten waren es wohl zufrieden.