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Peter Boy Eschels rief Gondelina zu sich ins Arbeitszimmer und berichtete ihr, was sich zugetragen.

»Das war Holm-Peters und sein Anhang!« rief sie aus und sagte ihm damit freilich auch nichts Neues. »Was hast du dem Bischof geantwortet?«

»Was konnte ich antworten, ohne Holm-Peters in den Rücken zu fallen? Nichts!«

Gondelina starrte ihn an.

»Nichts? Aber, lieber Vater, weshalb denn nichts?«

»Weil es noch nie erhört war, daß ein Morsumer einen andern gegen einen Landfremden bloßstellte.«

»Er tat es zuerst.«

»Das gilt mir gleich.«

Gondelina seufzte.

»So wirst du gegen Holm-Peters unterliegen.«

»Ich kämpfe nicht gegen Holm-Peters, ich kämpfe für den Damm.«

»Was geht dich der Damm an!«

Da lachte Peter Bleik Bun sein grimmigstes Lachen.

»Du könntest mich geradeso gut fragen: was geht dich Morsum an? Ich glaube, daß der Damm kommen wird, ich sehe ihn, ich höre das Rollen der Festlandszüge. Und ich bin der einzige hier, der Festland und Insel zugleich überschauen kann und sieht, wie beides sich wohl verbinden ließe!« –

In der nächsten Kirchenvertretersitzung aber machte Peter Bleik Bun seinen Morsumern eine »Affenschande«, wie sie bei sich meinten, und putzte sie gehörig herunter:

»Ihr aber wißt, daß vor zwei Jahren, während der schlimmsten Geldentwertung, unser alter Fonds für die Kirchenheizung nur noch einen einzelnen Ofen hergab und täglich mehr noch dahinschwand. Ihr wißt, daß der Ofen im Pfarrhause längst einer Erneuerung bedurfte. Ihr wißt, daß man von dem Gelde aber keine Kohlenschaufel mehr hätte kaufen können, wenn ich erst eine Genehmigung beantragt und abgewartet hätte. Dies alles wißt ihr genau so gut wie ich selbst und seid mir im Grunde noch dankbar, daß ich das Setzen des Ofens zu rechter Zeit noch durchführte, denn heute könntet ihr dafür das Fünfzigfache bezahlen. Dies alles habe ich dem Bischof nicht gesagt, denn das war noch nie, daß ein Morsumer die andern vor einem Landfremden bloßstellte. Ich habe ihm nur gesagt, daß ich das damals ausgegebene Geld heute ersetzen würde. Ich habe mir vom Revisor nachrechnen lassen, wieviel die damalige Ausgabe in heutigem Gelde betragen würde – hier habt ihr den Bettel!« und warf ihnen das Geld hin, daß die Münzen lustig über den Tisch rollten: »Zwei Mark und sechsundachtzig Pfennige sind es, zählt nach und laßt's vom Revisor prüfen!«

Es war aber die Beschwerde nur von Holm-Peters und seinem Anhang ausgegangen, den vier »Morsumesen« in der Kirchenvertretung. Sie hatten die andern zwölf nicht einmal gefragt. Aber die zwölf wollten die vier nun auch nicht bloßstellen, denn wenn Peter Eschels auch gebürtiger Morsumer war, so war er daneben doch Beamter und sie nahmen ihn nicht mehr ganz für echt. So strichen sie das Geld schweigend ein, und da sie schwiegen, glaubte auch Eschels, damit die Beschwerde überhaupt aus der Welt geschafft zu haben. Glaubte es, obgleich er selbst aus Morsum stammte und also seine lieben Landsleute besser hätte kennen müssen als der landfremde Bischof.


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