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Gondelina kehrte heim, und die Morsumerinnen kamen, ihre Bilder zu sehen, und Mitzi und Mimi zu begutachten. Gondelina selbst fand, daß sie mit den beiden jungen Mädchen einen guten Griff getan hatte: sie wuschen und scheuerten, gruben im Garten und gingen mit dem Pastor ins Heu nach Nösse hinaus, ob's regnete oder stürmte; sie lernten den Stall ausmisten und lernten auch die Kuh melken. Aber um nach Morsum zu passen, dazu sangen und lachten sie zuviel, und die Morsumerinnen ließen das Gondelina bald merken. Auch mit den Arbeiten, die sie heimgebracht hatte, erklärten sie sich nicht so ganz einverstanden.
»Ich mag deine Morsumer Bilder lieber«, sagte Petrina Rasmus Claasen spitzig, und auch Tante Lene meinte:
»Mich dünkt, von Morsum hat man mehr.«
»Jedes nach seiner Art«, antwortete Gondelina. Aber dann stellte sich heraus, daß nicht viele der Morsumerinnen Listland kannten oder die Hörnumer Halbinsel. Hamburg wohl, auch Berlin. Aber was soll man doch in den Dünen? Und Gondelina sagte ärgerlich zu ihrem Vater:
»Wem gehört denn die Insel in Wahrheit zu eigen? Jedem, der sie sieht und liebt? Oder dem, der sie nur nützt?«
Aber er fuhr sich mit allen fünf Fingern durch seinen weißen Haarschopf und meinte bedenklich:
»So etwas mußt du nicht fragen, Gondel!«
Wenn aber einer Gondelinas Bilder zu sehen verstand, so war es Heinrich Bremer.
»Hören Sie«, sagte er ganz erregt. »Dies ist gut, und das auch! Hören Sie, Fräulein Eschels, das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.«
Und er war der einzige, der endlich auch jene allererste Klappholttaler Studie verstand, die nicht einmal Pastor Eschels ganz anerkennen mochte: eine kraß orangerote Wolkenschicht von lila Streifen durchsetzt, die sich scharf gegen den leuchtend grünen Äther abhob – nur mit einem halben Hundert harter Pinselstriche brutal hingeschmiert.
»Im Watt habe ich sehen gelernt, was diese Luft hier kann. Nein, dies nicht, dies kann nur über der offenen See sein, über dem großen Wasser. Nein, dies sah ich nicht. Aber es überzeugt mich – überzeugt mich völlig.« Und Gondelina dachte: wenn es in seiner Familie auch nur einen tüchtigen Maler gibt, und nicht einmal besonders nah verwandt, wie er sagt, so muß es desto mehr Kunstverständige in ihr geben – Künstler, denen das Sehen selbst zur Kunst geworden ist. Sein Verständnis freute sie, und wieder mußte sie sich fragen: wem gehört denn die Erde? Dem, der sie sieht? Oder dem, der sie nützt?