Christoph Martin Wieland
Beyträge zur geheimen Geschichte der Menschheit
Christoph Martin Wieland

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3.

Der Zustand der sogenannten Wilden,

Die, ohne zu ackern, zu pflanzen, zu säen,
Mit Müßiggang sich auf Kosten der Götter begehen,

wie Homer von seinen Cyklopen sagt:

Und der Zustand der großen Asiatischen Despoten, (eines Kalifen im alten Bagdad, oder eines Sultans in Indien, zum Beyspiel) scheinen die beiden äußersten Linien zu beschreiben, innerhalb welcher das, worin die Menschen ihre Glückseligkeit zu suchen pflegen, eingeschlossen ist; – und beide scheinen zu beweisen, »daß sich der Mensch mit sehr wenigem befriedigen lasse«.

Der Grönländer, der Lappe, der Kamtschadale, der Eskimo, der Karaibe, der Hottentott, – Leute, die zum Theil unter sehr verschiedenen Himmelsstrichen leben, – wie wenig haben sie vonnöthen, um mit ihrem Zustande zufrieden zu seyn!

Die glaubwürdigsten Nachrichten stimmen alle darin überein, daß diese in unsern Augen so armseligen Geschöpfe »sich für die Glückseligsten unter den Sterblichen halten, und den bloßen Gedanken mit uns zu tauschen verschmähen«.

Der Lappe, unter seinem berußten kegelförmigen Gezelte auf etliche Bärenhäute ausgestreckt, bringt seine Muße mit Tabakrauchen zu (sagt der Präsident von Maupertuis) und sieht mit Mitleiden auf die Bemühungen der übrigen Sterblichen herab.

Den Wilden in Nordamerika gesteht ein Mann, der sie zu kennen Gelegenheit gehabt hat, und mehr Filosof ist als man es von einem Ordensmann erwarten oder fordern dürfte, der Jesuit Charlevoix, zu: »daß sie glücklich seyen«. Er versichert uns, daß, als einige von ihnen nach Paris geschickt worden, der Anblick aller Herrlichkeiten und Wollüste dieser Hauptstadt der heutigen Welt nicht den mindesten Eindruck auf sie gemacht habe; daß sie mit dem lebhaftesten Verlangen wieder in ihre Heimath zurückgekehrt, und von allem, was sie in Paris gesehen, nichts ungern zurück gelassen hätten, als die Garküchen, wo sie immer vollauf zu essen gefunden, ohne auf die Zubereitung warten zu müssen.

Er ist so billig hinein zu setzen: daß es wohl Franzosen gegeben habe, welche, nachdem sie einige Zeit unter den Wilden gelebt, es sich so wohl bey ihnen gefallen lassen, daß sie sich nicht entschließen können, in die Kolonie zurückzukehren, ob sie gleich sehr bequem darin zu leben gehabt hätten; aber daß sich jemahls ein Wilder an die Französische Lebensart gewöhnt hätte, davon habe man kein Beyspiel; u. s. f. – Kurz, die wilden Nordamerikaner sind in ihren eigenen Augen (und über diesen Punkt wird doch ihr Zeugniß, wiewohl in ihrer eigenen Sache, für gültig angenommen werden müssen) die beneidenswürdigsten Leute unter der Sonne; – und sind es ohne unsre Wissenschaften, ohne unsre Künste, ohne unsre Bequemlichkeiten und erkünstelten Wollüste, bloß durch Freyheit von allen Arten von Zwang, durch Müßiggang und Befriedigung ihrer thierischen Bedürfnisse. Laßt den Wilden in seinem Hamak liegen und Tabak rauchen; gebt ihm, wenn ihn hungert, seine Porzion Maniok oder Bärenfleisch, und seine Frau, wenn er genug gegessen hat, und schenkt ihm Branntwein aus dem Schädel seines Feindes ein, wenn er sich auf die angenehmste Art einschläfern will: das ist alles was er zur Glückseligkeit vonnöthen hat; seine rohe Seele erhebt sich zu keinem höhern Wunsche, und erwartet selbst von jenem Leben keine höhern Freuden.

Und was hat nun euer Sultan, euer Kalif, Sardanapal und Heliogabalus vor diesem Wilden voraus? Worin ist die Glückseligkeit, die ihn so lange befriediget als seine Nerven ihren Dienst thun, von des Huronen seiner unterschieden? Die Form macht in der That einigen Unterschied, aber der Stoff ist der nehmliche. Ein ewiger Zirkel sinnlicher Ergetzungen, mit Unabhängigkeiten und sorglosem Müßiggang vergesellschaftet, macht diesen beneideten Zustand aus, welcher seinem Besitzer in einer ununterbrochenen Trunkenheit, zwischen Betäubung und Entzücken, keine Fähigkeit läßt, einen andern Wunsch zu thun, oder etwas andres zu bedauern, als daß Erschöpfung und Unvermögen, allen Zaubereyen der Natur und allen Hülfsmitteln der Kunst zu Trotz, endlich die wollüstige Scene schließen.

Ein berühmter Englischer Dichter, der Zeitgnosse und Nebenbuhler des großen Shakspeare, Ben Johnson, schildert in seinem Alchymisten die innerlichen Gesinnungen der meisten Sterblichen, unter der Person des Sir Epikur Mammon, nach dem Leben ab. Dieser Unsinnige hat sich von einem Betrüger eine Grille in den Kopf setzen lassen, welche in Ben Johnsons Zeitalter manchen Kopf verrückte, und manchen Beutel ausleerte. Er hofft sich in kurzem in vollem Besitze des Steins der Weisen zu sehen. Das große Werk berührt beynahe den Augenblick seiner Zeitigung. In drey Stunden wird die Projekzion vor sich gehen. Welche Aussichten für den üppigen Sir Mammon! Seine Einbildungskraft wird so sehr dadurch erhöht, daß er von seinen ausschweifenden Hoffnungen als von Dingen, die er wirklich schon im Besitz habe, spricht. In drey Stunden wird er nicht nur, wie König Midas, alles was er berührt in Gold verwandeln, sondern auch dieses wundervolle Elixier in seiner Gewalt haben, wovon etliche Tropfen genug sind, (wie er sagt) »aus abgelebten Greisen wieder Jünglinge zu machen, wahre Marse, fähig Liebesgötter zu zeugen!«

Und was für einen Gebrauch wird Sir Epikur von seinem unschätzbaren Geheimnisse machen? – »Ich gedenke (spricht er in der Ergießung seiner Freude) eine so große Menge von Weibern und Beyschläferinnen zu haben, wie König Salomon, der den Stein der Weisen auch hatte wie ich; und vermittelst meines Elixiers will ich mir einen Rücken machen wie des Herkules seiner war, kräftig genug, um es mit funfzigen in Einer Nacht aufzunehmen. Meine Betten sollen nicht gestopft seyn; aufblasen will ich sie lassen: Flaum ist zu hart. Und dann meinen großen ovalen Sahl, den will ich mit lauter Mahlereyen angefüllt haben, wie sie Tiberius von der Elefantis entlehnte: sie sollen ganz ein andres Leben haben als diese matten Nachahmungen des schalköpfigen Aretin! –Ich habe in diesem Gemählde einen starken Zug weggelassen, weil er für Deutsche Leser zu anstößig wäre, wiewohl ihn die Engländer sogar auf der Schaubühne ertragen konnten. Mammon sagt im Original:

– – – Then my Glasses
Cut in more subtil Angles, to disperse
And multiply the Figures, as I walk
Naked between my Succubae – –
Wolken von kostbaren Gerüchen sollen meine Zimmer erfüllen, und meine Bäder so geräumig und tief seyn, daß wir darin schwimmen können; und wenn wir wieder heraus steigen, wollen wir uns auf Schasmin und Rosen trocken wälzen. Meine Speisen sollen alle in Indischen Muscheln, in Schüsseln von Achat mit Golde gefaßt und mit Smaragden, Saffieren, Hyacinthen und Rubinen besetzt, aufgetragen werden; – Karpfenzungen, Haselmäuse, und Kamelsfüße, in Spiritus Solaris und aufgelösten Perlen gesotten,Ben Johnson bringt hier, seiner Gewohnheit nach, seine Gelehrsamkeit wohl oder übel an. Die Schwelgerey der alten Römer machte aus Sinnlichkeit und Muthwillen eine Menge seltsamer Dinge zu Leckerbissen. Die Haselmäuse gehörten darunter, aus denen der berüchtigte Professor der Kazianischen Filosofie, Apicius, köstliche Ragouts zubereiten lehrte. Sir Mammon will lauter dergleichen antike Leckerbissen auf seiner Tafel haben, Karpfenzungen, Bärte von Barben, Euter von trächtigen Sauen und dergleichen. Fasanen, Salmen, Lampreten, Haselhühner sind gut genug für seine Lakayen, sagt er – u. s. w. Meine Hemden will ich mir aus einem Seidenzeug machen lassen, der so dünn und leicht wie Spinneweben seyn soll.« – Mit Einem Worte, die ausschweifendsten Begierden, in welche sich Sir Epikur Mammon in der Entzückung über seinen eingebildeten Schatz ergießt, erheben sich nicht über den kleinen Dunstkreis eines Epikurischen Schweins, wie Horaz irgendwo, halb im Ernste und halb im Scherze, sich selbst zu nennen beliebt.

Es wird wohl, hoffentlich, keiner Protestazion vonnöthen haben, daß ich sehr weit entfernt bin, eine so thierische Sinnesart gut zu heißen. Aber ich kann mich eben so wenig verhindern, zu glauben, daß, wenn Scham oder Heucheley dem größten Theile der Sterblichen erlaubte aufrichtig zu seyn, die meisten gestehen müßten, daß sie – die Haselmäuse und Schweinszitzen und die in Perlen gekochten Kamelsfüße allenfalls ausgenommen – die übrigen Ingredienzien in das, was dieser komische Heliogabalus für sein höchstes Gut erklärt, sich sehr wohl gefallen lassen würden.

Die Griechen waren von den Zeiten des Pisistratus an das feinste, witzigste und politeste Volk des Alterthums. Und was für Männer waren ihr Solon, ihr Alexander! Jener ein Weiser, ein Gesetzgeber, dessen Nahme uns noch jetzt Ehrerbietung gebeut: dieser einer von den seltnen Menschen, bey deren Hervorbringung die Natur sich selbst zu erschöpfen scheint; ein Mann, der (wenn jemahls einer) dazu gemacht war, an der Spitze des menschlichen Geschlechts zu stehen.

Und wie dachte der eine und der andre über den großen Punkt, wovon hier die Rede ist? Ihre Ausübung kann uns, denke ich, das beste Licht hierüber geben.

Was ich jetzt liebe (singt der alte Solon in einem kleinen Bruchstück eines Gedichtes, welches uns Plutarch aufbehalten hat) das sind die Werke der Kypris, des Bacchus und der Musen, aus welchen die Freuden der Männer entspringen. – Das heißt doch sich sehr offenherzig herauslassen! Es ist, wenn man will, verfeinerte Sinnlichkeit, mit den Freuden der Einbildungskraft und des Herzens vergesellschaftet; aber es ist doch immer Sinnlichkeit. Und aus diesem Tone sang Solon der Weise nicht etwann in der Trunkenheit der ersten Jugend, sondern (wie der silberlockige Anakreon) in einem Alter, worin ein Mann wie Er den Werth des Lebens und der Dinge schätzen gelernt haben sollte.

Der große Alexander, der, in dem eigentlichen Alter der Leidenschaften, der bescheidenste, der mäßigste, der enthaltsamste aller Sterblichen war, blieb es nur so lange, als der Durst nach Ruhm, oder, richtiger zu reden, als die Begeisterung für seinen Entwurf einer allgemeinen Monarchie alle seine übrigen Leidenschaften überwältigte. Aber so bald ein großer Theil dieses romantischen Entwurfs ausgeführt, und unter den Schwierigkeiten, die von allen Seiten mit jedem neuen Schritt auf ihn eindrangen, sein Blut genugsam abgekühlt war, um auf den Rest desselben Verzicht zu thun, oder wenigstens mit viel gemäßigterm Eifer daran zu arbeiten: so legte er nur zu viele Proben ab, daß er von der Glückseligkeit eben so denke wie die gewöhnlichen Menschen. Von diesem Augenblick an machten üppige Gastmähler, Bacchusfeste, Persische Weine und Persische Schönen den Gegenstand der Ergetzungen aus, womit er sich selbst für alle die Mühen belohnte, die er sich gegeben hatte, um (wie er einst im Scherz sagte) den Athenern eine gute Meinung von ihm beyzubringen.

Pyrrhus, nach Alexandern der ruhmsüchtigste aller Griechen, giebt in seinem berühmten Gespräche mit dem weisen Cyneas, welches uns Plutarch aufbehalten hat, auf eine sehr offenherzige Art zu erkennen, was in seinen Augen dasjenige war, worin sich alle Wünsche der Sterblichen verlieren. Nachdem ihn seine durch Ruhmsucht begeisterte Einbildungskraft von Eroberung zu Eroberung endlich zum Herrn der halben Welt gemacht hatte, fragte ihn Cyneas: »Und wenn wir nun mit allen diesen Eroberungen fertig sind, was fangen wir alsdann an?« – Was wir anfangen? sagt Pyrrhus; das versteht sich! Dann bringen wir unser übriges Leben in Ruh' und Müßiggang, in Schmäusen und Festen und Lustbarkeiten zu, und denken an nichts, als wie wir uns die Zeit recht angenehm vertreiben wollen. – Wahrlich, ein sehr Aristippischer Plan von Leben! und, was hier vornehmlich zu bemerken ist, an welchem weder der weise Cyneas noch der weise Plutarch etwas andres auszusetzen haben, als daß Pyrrhus nicht weise genug war, da anzufangen, wo er aufzuhören gedachte.

Man würde mich sehr unbillig mißverstehen, wenn man glaubte, ich wollte damit sagen: daß Solon, Cyneas oder Plutarch Anhänger oder Gönner einer trägen, lasterhaften Wollust gewesen wären. Die großen Männer des Alterthums wußten so gut als die Großen und Weisen unter den Neuern Geschäfte mit Ergetzungen, und das, was sie dem Staat, mit dem, was sie sich selbst schuldig zu seyn glaubten, zu vereinigen. Indessen erweiset sich doch aus diesen Beyspielen, was für eine Vorstellung sie sich von der Glückseligkeit machten, so bald die Rede nicht von einer Idee, sondern vom wirklichen Leben war. – Und das ist was wir beweisen wollten.

Doch wozu haben wir einzelne Beyspiele nöthig? Die hohe Meinung, welche die Erdebewohner von der Glückseligkeit, die aus dem Genusse des sinnlichen Vergnügens entspringt, von jeher gehegt haben, liegt am Tage. Wohlleben und Schmausen ist bey allen Völkern einerley; und womit enden sich alle großen öffentlichen Handlungen, auch die wichtigsten und feierlichsten, als mit einem Schmause? Welches ist der gewöhnliche Weg einander Ehre anzuthun, einem Gönner seine Dankbarkeit zu beweisen, oder sich einem Großen angenehm zu machen? Ein Schmaus, ein Bacchanal, ein Fest, wobey, nach Beschaffenheit der Größe der Person, die damit beehrt wird, alle Götter der Freuden aufgeboten werden. Bey öffentlichen Unterhandlungen, von denen oft der Wohlstand ganzer Völker abhängt, was pflegen gewöhnlicher Weise die hohen Bevollmächtigten angelegners zu haben, als mit einander in die Wette zu eifern, wer die Ehre seiner Nazion und seines Prinzipals durch den prächtigsten Schmaus behaupten könne? Sogar bey Geschäften, welche den strengen Ernst der Richter am Styx und die Tugend eines Kato erfordern, nehmen Bankette und Ergetzungen wenigstens die Hälfte einer Zeit weg, welche Verrichtungen geheiligt ist, wobey man nie nüchtern genug seyn kann.Dieß wurde um die Zeit der letzten Reichs-Kammergerichts-Visitazion geschrieben, und paßte vortreffliche. Und wir sollten daran zweifeln, daß die Menschen ihre höchste Glückseligkeit in Essen, Trinken, Müßiggang und sinnlichen Wollüsten suchen?

Doch, wofern uns auch dieses alles, und überhaupt der gewöhnliche Gebrauch, den die Reichen von ihrem Überflusse machen, und die Begierlichkeit, womit sich die übrigen angelegen seyn lassen reich zu werden, noch einen Zweifel übrig lassen könnte, wie sehr die Wünsche der Sterblichen an der Erde kleben: so müßten uns die Vorstellungen davon überzeugen, welche man sich von jeher, bey allen Völkern, denen das Christenthum keine reineren Begriffe von der Bestimmung des Menschen beygebracht, über den Zustand der Seligen in der andern Welt gemacht hat.

Das Elysium der Griechen, die Gimle und Vallhalla der alten Nordländer, und das Paradies der Muhamedaner sehen einander so ähnlich, daß sie von einerley Urbild abgeformt zu seyn scheinen. Ewige Muße, ewiger Genuß sinnlicher Wollüste, ohne Schmerz, ohne Arbeit, ohne Sättigung, macht in allen dreyen das Ideal der Glückseligkeit aus, welche von dem künftigen Leben erwartet wird.

Und können wir uns wundern, daß der große Haufe so dachte, wenn wir sehen, daß die erhabensten Filosofen ihm hierin mit ihrem Beyspiel vorleuchteten?

Selbst in seinem überhimmlischen Lande läßt Plato die seligen Geister, von Nektar trunken, tanzend den Wagen Jupiters begleiten; und der Sokratische Äschines, einer der würdigsten Schüler des weisen Atheners, schildert, aus dem Munde des Magiers Gobryas, die bessere Welt, zu welcher er dem sterbenden Axiochus Lust machen will, als einen Ort, »über welchen die freygebigen Horen einen Überfluß aller Arten von Gewächsen und Früchten ausschütten; wo reine Wasserquellen die blumigen Wiesen erfrischen, auf denen ewiger Frühling herrscht. – Er ziert diesen schönen Ort mit Hallen für die Filosofen, und mit Schauplätzen für die Dichter; er läßt seine Seligen an Tischen, welche sich von selbst decken, unter einer reitzenden Musik, sich gütlich thun, und von ihren Banketten zu Koncerten und Reihentänzen aufstehen; und er vollendet das lachende Gemählde mit zwey Zügen, welche den allgemeinen Wunsch aller Sterblichen zu umschreiben scheinen, und sich in seiner Sprache (der wahren Sprache der Musen) in vier Worte einschließen lassen – ακηρατος αλυπια, und ηδεια διαιτα, gänzliche Befreiung von Schmerz und Traurigkeit, und ein Leben dem kein Vergnügen fehlt.« – In der That war dieses der gewöhnliche Begriff, den sich die Griechen von dem Zustande der seligen Schatten machten; und ich sehe zwischen diesem Elysium und dem Lande der Seelen, wohin die Nordamerikanischen Indier ihre Verstorbenen schicken, keinen andern Unterschied, als denjenigen, der sich natürlicher Weise zwischen den Vorstellungsarten eines gebildeten und eines rohen Volkes findet.

Ich wiß wohl, daß sich einige von den aufgeklärtesten Männern unter den Alten einen edlern Begriff von dem künftigen Leben gemacht, und die Glückseligkeit desselben von einer Erhöhung unsrer Natur abgeleitet haben, wodurch wir der unmittelbaren Gemeinschaft des höchsten Wesens fähig gemacht würden. Und ohne allen billigen Zweifel ist dieß die eigentliche Vorstellung gewesen, welche sich die Anhänger des Zoroaster, und unter den Griechen Pythagoras und Plato, von dem Zustande der Weisen und Tugendhaften nach dem Tode gemacht haben.

Allein daraus folget wohl nichts weiter, als daß eine sehr kleine Anzahl erhabener Geister, welche in mehr als Einer Betrachtung eine Ausnahme von den übrigen Sterblichen machen, sich, wenigstens in der Spekulazion, zu einer Idee von Vollkommenheit aufzuschwingen getrachtet haben, welche gleichwohl so weit über die Fähigkeiten gewöhnlicher Menschen erhaben ist, daß sie genöthiget waren, sie in sinnliche Bilder einzukleiden, um sich einiger Maßen verständlich und ihre Leser oder Hörer gelüstig zu machen, dieser unsichtbaren Glückseligkeit theilhaftig zu werden.


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