Christoph Martin Wieland
Beyträge zur geheimen Geschichte der Menschheit
Christoph Martin Wieland

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7.

Die Ammen essen, trinken, gehen auf zwey Beinen, und thun zwanzig andre Dinge, welche man im Stande der Natur zwar auch, aber vielleicht auf eine andre Manier thut. Ihr Beyspiel würde unsre Kinder verführen; sie würden von den Ammen lernen, was sie allein von der Natur lernen sollen. – Rathet was zu thun ist!

Wie gefiele euch folgender Vorschlag? – ich weiß keinen bessern! – Wir haben die Ammenstumm gemacht; wie wär' es, wenn wir nun die Kinderblind machten?

Man versteht schon, wie dieß gemeint ist: nicht so stockblind, wie uns gewisse Leute, die ich nicht nennen will, gern auf unser ganzes Leben machten, – vermuthlich um uns die Mühe zu ersparen, zu sehen wie sie mit uns wirtschaften würden; denn ein Blinder, in so fern er eine schöne Frau, eine gute Tafel, und guten Wein im Keller hat, ist der brauchbarste Mann von der Welt; – sondern nur blind, so lange wirs vonnöthen haben.

Ohne geschicktern Mechaniker als ich bin (d. i. den allerungeschicktesten unter allen mit eingeschlossen) vorgreifen zu wollen, könnte dieß am füglichsten durch eine Art von Binden geschehen, welche eben nicht völlig so fest anschließen müßten als das magische Diadem, womit die schöne Seilerin dem Amor die Augen verbindet, die ihm die Göttin Narrheit ausgeschlagen hatte;Oeuvres de Louis Charly, dite Labé ou la belle Cordelière, p. 13. aber doch fest genug, daß die Kinder unvermögend wären sie wegzuschieben, oder auf irgend eine Weise eher abzunehmen, bis es Zeit wäre sie wieder davon zu befreyen.

So viele Schwierigkeiten fangen an verdrießlich zu werden; ich dennoch ist wenigstens noch Eine übrig, welche wir vielleicht nicht anders als – nach König Alexanders Weise werden auflösen können.


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