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(112) Wie Neidelhart ward zů Tod geworfen.

Da nun der dritt Tag herzů kam,
Von Stund man den Neidelhart nam
Und füert in hinaus an die Statt,
Daran er umb sein Missetat
Sollt werden zů dem Tod gericht.
Als Neidelhart sach, daß es nicht
Dann Sterbens umb in möchte sein,
Redt er aus Schmerz und schwerer Pein:
»Dieweil nun kommen ist die Stund,
Darin geoffent ist unser Bund,
So wir Haubtleut haben gemacht,
Der mich an dises Ort hat bracht,
So will ich offnen die Warheit,
Dann mir ist von meim Herzen leid,
Daß ich mich hab also verschuldt.
Damit ich nun erwerb Gotts Huld,
So rat ich eim redlichen Mann,
Daß er der Sach nicht well eingan
Durch Freidigkeit, die geferlich sein
Und aus Neid werden braucht allein;
Dann daraus entspringt große Not,
Und handlet wider Gotts Gebot.
Gegen dem Held hab ich triben
Neid und Haß und gehofft, es sollt bliben
Verschwigen und nit laut mer sein:
Umb das můß ich leiden die Pein.
Ein Fürst soll wol für sich schauen
Und keim Neidigen vertrauen,
Auch nit folgen, was er im rat,
Dann selten das glücklich aus gat.
Nun wollt ich dest leichter sterben,
Möcht ich vor von euch erwerben,
Daß furt aller Neid wurd abgestellt
In aller diser weiten Welt.
Ich sorg aber, vil sein dermaßen
Gesitt, daß sis nit werden lassen.
Ir hört, daß ich euch warn treulich,
Daß ein jeder well hüeten sich
Vor solchem neidischem Herzen;
Ir secht, was gar herten Schmerzen
Ich jetzund darumb můß leiden.
Ir sollt auch falsch Bund vermeiden,
Dann die in die Leng nit mügen
Den Herren bleiben verschwigen.
Mit solchem will ich beschließen
Und mein Neid mit dem Tod büeßen.«
Nach solcher Red der Nachrichter
Nam den armen Neidelhart her
Und warf den aus über den Gang.
Als das geschach, Neidelhart nit lang
Lebet, sonder gab auf sein Geist.
Der Nachrichter sprach: »Als aus weist
Die Urteil, hab ich gericht recht.«
Also nam das neidisch Geschlecht
Ir End und sein letzte Hinfart.
Als nun solchs alles vollbracht ward,


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