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(54) Wie der edel Teurdank durch den Unfallo in ein
Stechen beret beret: beredet, gebracht. ward und wie er sich durch sein Sterk und
Besindlicheit vor Schaden verhüet.

Unfallo des Helds Glück verdroß,
Fûrt in hin in ein ander Schloß,
Darin hett Unfallo gelan
Sein Weib. Er fragt den teuren Mann,
Ob er vor nie hett gestochen.
»Ja«, sprach der Held, »ich hab zůbrochen
Etliche Holz zů manchem Mal.«
Unfallo sprach: »Habt Euch die Wal
Under allen mein Pferden gar.
Herr, Ir sollt mir gelauben fürwar,
Ir werdt ein gůts darunder finden;
Dasselb hat fast einen linden
Lauf nach Wunsch und Eurem Beger.«
Teurdank sprach: »So laßt bringen her
Eins, das gůt sei. Ir kennts doch wol?«
Unfallo sprach: »Mein Herr, ich soll
Eins lassen bringen auf der Fart.«
Nun hett dasselb Pferd dise Art,
Wann der Stoß auf im angieng,
Geleich es zů laufen anfieng
Dermaß, daß niemand halten mocht.
Der Held im keines Argen gedocht,
Nam das Pferd und saget im zů,
Er wollt stechen auf morgen frů.
Des freit sich Unfallo von Herzen,
Hofft, den Held zů bringen in Schmerzen;
Füeget sich behend in die Art,
Darin ein starker Ritter ward,
Zů dem er mit Freuden sprach:
»Teurdank will auf den morgen Tag
Mit dir in dem Garten stechen
Und vor den Frauen zerbrechen
Ein Holz oder zwei ungefer.«
Der Stecher sprach: »Ich wollt, daß wer
Zeit, zů stechen jetz in der Stund.«
Unfallo der Böswicht begund
All Sachen wol zůrichten lan.
Als nun der Morgen ward an gan,
Teurdank legt sich in sein Zeug an
Und reit hinfür hin auf die Ban;
Desgleich der ander Stecher tet.
Unfallo gar groß Hoffnung hett,
Sein Anschlag sollt im felen nit.
Mit Marter er der Zeit erbit,
Bis man inen wollt eingeben;
Darauf merkt der Wicht gar eben.
Als nun die recht Zeit kommen was,
Unfallo sprach: »Herr, merket das,
Hie oben habt Ir ein Vorteil
Und er ein großen Nachteil,
Dann Ir die Höch innhaben werdt.«
Unfallo redt das mit Geferd
Darumb, dann gegen im war
Der tief Wassergraben fürwar.
Als nun das Treffen hert angieng,
Des Helds Pferd zů laufen anfieng
Und lief mit dem Helde dermaß,
Daß er nit möcht erhalten das,
Gleich gegen dem Wassergraben zů,
Dann im die Augen waren zu
Gebunden, darumb das nicht gesach.
Das Pferd kam dem Graben so nah
Bis auf die sechs Schritt ungefer.
Als solchs ersach der Held, gar seer
Er erschrak ab derselben Not,
Dann er erkannt vor im den Tod.
In solchem Erschrecken er bald
Dem Pferd zuckt mit ganzem Gewalt
Und aller Kraft. Das biß in sein Maul
Dermaßen, daß derselbig Gaul
Nicht mochte einen Tritt fürbaß
Geen, als ser er erschrocken was.
Dardurch behielt sich der jung Mann,
Sonst hett er sein Leben müessen lan.
Unfallo hett Leid und groß Klag,
Daß im diser böser Anschlag
Ditzts Mals auch nicht geraten wer.
Er fragt den Helden mit Gefer,
Wie sein Pferd also hett getan.
Teurdank sagt zů dem falschen Mann:
»Es ist zů dem Gestech ganz nichts wert,
Du sollst keim leihen ein solch Pferd,
Dann es läßte sich nichts halten.
Du magst das für dich behalten;
Es wollt mit mir geloffen sein
In den tiefen Graben hinein.«
Unfallo im die Antwort gab:
»Herr, an im ichs nicht gewißt hab,
Sonst hett ich Euchs bei meinem Eid
Nit gelihen; aber es ist mir leid,
Ob es mit Euch nit hat getan
Recht. Herr, wöllt das nit ver übel han
Und halten gar für kein Gefer,
Dann Ir wißt, ich bin kein Stecher.«
Teurdank můßt das geschehen lan.
Unfallo gedacht, was er an
Wollt weiter fahen mit dem Held,
Dardurch er einmal wurd gefellt;
Fand gar bald einen andern List,
Wie der hernach geschriben ist.


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