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(95) Wie dem mandlichen Held Teurdank durch den
Neidelhart selb Geschoß gelegt waren, daran er sich sollt
verletzt haben, dem er aber durch Gotts Hilf und getreu
Warnung entgieng.

Nun hört, was weiter Neidelhart
Erdacht gen dem Held zů der Fart.
Eins Mals redt er mit im selber:
Ich kann und mag dem Held nit mer
Leid, Schad oder Schmerz füegen zů,
Es sei dann, daß ich zůrichten tů,
Damit der Held wurd gefangen.
Wo das beschech, so wers ergangen
Umb sein Leben ganz unde gar.
Neidelhart gedacht her und dar,
Wie er solch Sach mocht ankeren,
Daß sichs der Held nit möcht erweren.
Zůletzt gedacht er an ein Stadt,
Die wurden darin folgen seim Rat,
Dann er kennt des Volkes Wandel;
Die mochten im zů dem Handel
Dienen, wo er macht ein Meutrei.
Gedacht im: Ich wills wagen frei.
Mit List hoff ichs zu bewegen,
Daß si vil dest leichter gegen
Dem Helden in Feindschaft kommen,
Wie Ir oben habt vernommen.
Als er nun den Anfang gemacht hett,
Gedacht er darauf fru und spet,
Damit er demselben nach kem
Und den Handel zůhanden nem.
Auf ein Zeit er zům Helden gieng,
Mit süeßen Worten er anfieng
Und sprach: »Mein Herr, ein teurer Held
Ir seid, gerecht und auserwelt,
Darzů vor andern auserkorn,
Habt mit Eurer Hand nie verlorn
Kein Schlacht in ritterlicher Weis,
Darumb tragt Ir billich den Preis;
Mein Frau, die schön Künigin Ernreich,
Findt in irem Land nit Eurs gleich.
Das sagt jedermann auf mein Eid!
Darumb ist Euch all Erberkeit Erberkeit: alle ehrbaren Leute.
Hold under der ganzen Landschaft
Und was darin ist für Mannschaft.
Allein ein gar mechtige Stadt
Weiß ich, die Eur kein Kundschaft hat
Und doch von Herzen Eur begert.
Ist nun Sach, daß Ir si gewert
Und einmal zů denselben kumbt,
Glaubt, Euch das nit ein wenig frumbt;
Si werden Euch erzeigen Eer,
Als si nie keim han getan mer.
Darumb wann si han ein klein Partei Partei: Streit, Zwietracht.
Under in, dieselb richt Ir frei.
So dann das also durch Euch beschicht,
Meniglick Euch deshalb Lob gicht.
Darumb ich Euch aus Treuen rat,
Daß Ir mit mir reit in die Stadt.«
Teurdank sprach: »Mir gefellt der Anschlag.
Alsbald es wirdet morgen Tag,
So will ich mit Euch hin kommen.
Wiewol ich mir hett furgnommen,
Mich der Sach nit zů understan,
Noch dann will ich ziehen darvon
Und folgen darin Eurem Rat,
Richten die Zwitracht in der Stadt.«
Mit dem sich richten zů der Fart.
Als nun all Sachen bereit ward,
Ritten si mit einander dar
In die Stadt, darinnen fürwar
Die Burger all in einer Gemein
Empfiengen den edlen Held rein
Mit Wirden und allen Eeren.
Neidelhart dacht: Ich můß weren
Und solchs bei Zeit underkommen.
Ging zů in, sprach: »Ir habt vernommen,
Was euch für Leid ist zů gestanden
Die Zeit her. Nun ist verhanden,
Der euch aller eur Ungemach
Allein zůgefûgt hat all Tag.
Wollt ir eur Leib und Gůt fristen,
So mûßt ir mit disen Listen
Die Sachen gegen im greifen an
Und in zů Gefengnus nemen an.
Wollt ir Euch vor Krieg bewaren,
So mûßt ir nach meim Rat faren.
Ich sag euch, es ist jetz die Zeit,
Daß ir abstellen mügt eur Leid,
Das euch bisher ist beschehen.
Das mag ich mit Warheit jehen,
Und wo ir mir gebt zů der Stund
Glauben, so will ich euch den Grund
Sagen. Der Haubtman, so ist kummen
Mit mir her, bringt euch kein Frummen,
Dann all sein Sinn, Gedank und Můt
Steen nach Krieg, Zwitracht, Geld und Gůt.
Tüet auch auf disem Weg umbgan,
Daß in unser Künigin soll han
Zů einem eelichen Hauswirt.
Ist Sach, daß ir solches nit irrt
Und der Heirat für sich gan soll,
So beschicht euch und der Stadt nit wol.
Dann wann er hett das Regiment,
So nem sein Kriegen nimmer End;
Schatzmeister macht er nach seim Sinn,
Fûrte alles eur Geld von hin.
Allen Krieg, so jetz ist im Land,
Fûrt er allein mit seiner Hand.
Das beschicht alls umb unser Küngin,
Die im für und für ligt im Sinn.
Gelaubt mir, dann ich kenn den Mann,
Er wird von seim Kriegen nit lan.
Darumb ob ir wollt gewinnen Rů,
So habet Fleiß und tüet darzu,
Daß ir Teurdank, disen Haubtmann,
Habt gefangen oder sonst weg tan.
Das zeig ich euch an aus Treuen,
Glaubt, es wird euch nit gereuen.«
Mit solcher Red und falscher Leer
Gieng der Neidelhart hin und her
Und richt etlich sonder Person
Mit allem Fleiß auf dise Ban.
Dardurch er alles Volk bewegt,
Daß es sich gegen dem Held ein legt,
Richt ein Partei under in auf,
Daß daraus erwuchs ein Auflauf
Und ein ganz großer Unwillen,
Dann niemand mocht das Volk stillen.
Also liefen sie zůsammen,
Ir Harnasch und Weer si namen,
Zohen auf ein Platz mit Ordnung dar
Gegen dem Schloß, darin Teurdank war,
Schrien all mit einander seer:
»Gebt uns den frembden Mann außer,
Dann wir den schlecht haben wellen
Mit sambt allen sein Gesellen.«
Neidelhart hett das zůgericht,
Gedacht: Nun mag in helfen nicht!
Mit dem gieng er zum Held ins Haus
Und sprach: »Mein Herr, mit großem Strauß
Ist die Gemein alle empor
Und helt dort auf dem Platz darvor.
Ein Partei hat sich bei in erhebt,
Wo Ir darin nit Eurn Rat gebt,
Möcht daraus werden ein bös Sach
Und erwachsen groß Ungemach.
Wo Ir aber hierin nit beit,
Sonder aufs erst auf den Platz reit
Und sprecht, wie Ir habt vernommen,
Under si sei ein Irrung kommen,
Die wollt Ir richten nach Eurm Verstan,
Dran sollen si kein Zweifel han;
Si sehen Eure Handlung an
Und werden sich lassen stillen
Nach aller Eur Gir und Willen.
Dann sollt Ir in dem Haus bleiben,
So möcht das Volk vil Red treiben
Und neur werden noch mer Aufrur.
Dem mügt Ir allem kommen fur,
Wo Ir werdt folgen meinem Rat.
Glaubt, Herr, Ir tût daran ein gůt Tat.«
Der Held sprach aus seim teurem Můt:
»Warlich, der Auflauf dunkt mich nit gůt!
Darumben, und daß man nit müg
Mit der Unwarheit oder Lüg
Auf mich einerlei ertrachten,
Als wollt ich ir Sach nit achten,
So will ich mich noch understeen,
Zů in hin auf den Platz zů geen,
Und ganz allen Fleiß fürkeren,
Ob ich den Auflauf möcht weren.«
Neidelhart gefiel das fast wol,
Sprach: »Herr, darumb man Euch loben soll!«
Als nun Teurdank auf dem Weg was
Zů den Burgern, zů richten das,
Kam im durch etlich entgegen:
Das Geschrei wer von seintwegen,
Der Auflauf sich erhaben hett.
Teurdank als ein Hochweiser tet,
Wollt sich under das gmein Volk nit
Begeben, dann er wußt irn Sitt,
Erkennt aus Erfarenheit wol,
Daß si der Untreu weren voll,
Und ließen sich ganz in kein Weis
Bescheiden. Darumb er sich leis
Wider fûget hinein in das Schloß;
Dasselb den Neidelhart verdroß.
Teurdank der Held gieng zů im dar:
»Neidelhart, mich bedunkt fürwar,
Durch dein gewonte Falscheit
Hast du mir solch Sach zůbereit.«
Neidelhart dasselb widerredt
Und sprach, alle sein Tag er hett
Kein Falscheit noch Untreu getan.
Teurdank sprach: »Niemand solls Glauben han!
Ich will weiter nit Red treiben,
Ich laß die Sach ditzmals bleiben.
Du solt mich hinfür nit mer torn torn: betören, betrügen.,
An dein Rat will ich mich nit korn,
Dann mir der vil geschadet hat.«
Neidelhart verantwurt sich drat,
Sprach: »Herr, ich hab großen Schmerzen
Von wegen Eur Red am Herzen;
Doch werdt Ir finden an dem End,
Ob ich mich je von Euch hab gwendt.«
Dacht doch im Herzen darneben:
Ich getrau, Gott wöll, dein Leben
Sollest du noch verliesen zwar,
Ee du kumbst aus disem Schloß gar.
Gieng geleich hinweg vom Teurdank
Und erdacht einen andern Rank.
Als die finster Nacht nun herkam,
Er etliche selb Geschoß nam,
Leget die gerings umb das Haus,
Ob Teurdank der Held wollt heraus
Bei der Nacht und kommen darvon.
Daß der eines schuß den Mann.
Als nun die Bosheit auch geschach,
Neidelhart wider sich selbs sprach:
Nu ist je nit müglichen wol,
Daß er mir hinweg kummen soll
On großen merklichen Schaden.
Teurdank was mit Gedanken bladen
Von wegen gedachter Aufrur.
Nicht lang darnach der Held erfur,
Daß im selb Geschoß gelegt warn,
Gedacht im: Ich will mich bewarn
Und destbaß han ein Aufsehen,
Daß mir darvon nichts mög geschehen;
Und zoch also mit Ru darvon,
Kein Mensch der dorft in greifen an.
Das verdroß seer den Neidelhart
In Grund seines Herzen gar hart,
Und wiewol er merket fürwar,
Daß er dem Held mit nichte gar
Mocht zůkommen mit eim Gefer,
Noch dannocht wollt er sich noch mer
Understeen, zůzefûgen Leid,
Als uns das Bůch hernach mer seit.


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