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(20) Abermalen ein groß Geferlicheit, darein der edel
Fürst Herr Teurdank durch Anweisung Fürwittig gefûrt
ward auf eim Gembsen Jeid.

Ein neu Schalkheit dem Fürwittig
Kam in sein Sinn, dardurch er sich
Meint zů rechen an dem Held wert.
Auf ein Zeit er sprach: »Herr, begert
Ir noch mer Gembsen zů jagen?
Von eim Jeid will ich Euch sagen,
Der gleich Ir nit habt gesehen mer.
Es mag das ganz Frauenzimmer das ganz Frauenzimmer: alle Damen.
Zůsehen und groß Freud darvan
Empfahen, es ist gůt zů gan.
Darumb was Euch gefallen will,
Das gebt mir zů verstan in still,
So will ich die Sach bestellen
Mit gůten Jegersgesellen.«
Teurdank dem was die Sach zůmuet,
Sprach: »Wann es dich wird dunken gut,
Schau, daß all Ding geordent sein.«
Fürwittig die hübschen Freulein
Ließ fûren an dasselbig End,
Zů sehen Jembsen in der Wend.
Nun was dermaßen das Gejeid
Geschickt mit sorglichem Gleit, mit sorglichem Gleit: auf gefährlichem Pfad.
Wann ein Jembs ward gejaget seer,
Daß er sich nicht mocht fristen mer,
So sprang er auf ein freien Spitz,
Do hin kein Jeger durch sein Witz Witz: Findigkeit.
Kommen und in mocht erlangen.
Sollt der Jembs werden gefangen,
Dasselb mûßt beschehen allein
Durch Scheuhen und Werfen mit Stein.
Darumb hat Fürwittig, der Wicht,
Dasselbig Gejeid angericht,
Dann er weßt den Held so hoflich,
Daß er wurde understeen sich,
Den Jembs vor sovil schen schen: schönen. Frauen
Zů fellen an allen Grauen.
Dardurch er hofft in Angst und Not
Den Held zů bringen, und gebot
Seim Jegerknecht, sprach: »Sich, merk auf!
Fûr diesen Helden dort hinauf,
Wie du weißt, in die hohen Wand
Und schau, wann ein Jembs wurd sein Stand
Auf dise Spitz nemen, so weis
In auf die bosen Platt, und leis
Gee im nach auf dem gůten Gleit.«
Der Jegersknecht hett sein Bescheid,
Fûrt mit im Teuerdank, den Held wert,
Durch mancherlei wilde Gefert.
Nicht lang, jagen die Hund daher
Ein Jembsbock. Derselbig floch seer
An das Ort, da er meint sicher
Zů sein. Das ersach der Jeger,
Sprach: »Dahin hat sich ein Tier gestellt.
Habt Ir darzů Lust und gefellt
Euch, dasselb zů werfen aus der Wand,
So geet das Gleit und seid ermant,
Habt die Sinn bei Euch, geet weislich,
Ich will Euch nachgeen siettiglich.«
Teuerdank ging mit Sorgsamkeit
Auf der Platten das bös Geleit
Als weit, als müglich was zů geen.
Da er nun nicht weiter mocht, steen
Belib er und rüeft dem Jeger,
Daß er im langt seinen Schaft heer.
Der Knecht dasselbig tet behend,
Dann er stůnd in einer gůten Wend.
Teuerdank nam denselbigen Schaft
Und schoß damit aus rechter Kraft
Den Gembsen aus seim Stand herab;
Jedermann wundert sich darab.
Als nun der Gembs was gefellt tot,
Allererst hůb sich die recht Not.
Der Held hett sein Schaft gegeben
Dem Jeger, der ging gar eben
Wider aus derselbigen Wand.
Teuerdank tet ein sorglichen Stand,
Dann er auf einer Platten stund,
Darin kein Eisen haften gunnt.
Der Held wollt tůn ein Schritt gar weit
Auf ein Wasen Wasen: Rasen. über ein Gleit
Der Hoffnung, zů haften im Gras.
Als er sein Füeß auf heben was,
Weichen die fünf Zinken all gar
Am hindern Fůß und, nemet war,
Ein Zink der haftet allein
In dem herten, gelligen gelligen: festen. Stein.
Doch leit leit: litt. derselb dermaßen Not,
Als mancher Mann gesehen hat,
Daß er sich bog in ein groß Kruemb Kruemb: Krümmung.,
Und wer das Gelück geschlagen umb,
Daß derselb Zink zerbrochen wer,
Teurdank wer kommen in groß Schwer Schwer: Bedrängnis.,
Hett nichts Gewissers gehabt dann den Tod.
Aber im hulf der ewig Gott,
Daß er mit dem ein Fůß wider
Haftet, da er in setzt nider.
Nun vernembt doch die Ursach recht,
Warumb der Held dem Jegerknecht
Seinen Schaft ließ. Dasselb beschach
Darumb, dann zum Held der Jeger sprach:
»Herr, gebt mir Euren Schaft! Ich soll
Damit hinab geen, daß ich hol
Meinen Schaft wider, den Ir habt mir
Verschossen nach dem Tier,
Ir mügt sonst wol geen aus der Wand.«
Der Held glaubt sein Worten zuhand,
Er weßt aber nicht die Geferlicheit.
Teurdank kam auf ein grasig Geleit
Und wart, bis im der Jeger bracht
Sein Schaft. Da er den hett, gedacht
Der Held: »Ich will nit mer
Beleiben in diser Gefer.«
Ging damit auf die eben Erd,
Da er gebunden fand sein Pferd.
Der Fürwittig was auch darbei,
Vom Teurdank macht er groß Geschrei,
Sprach: »Herr, Ir seid der best Jeger,
Der gleichen ich nit hab gesehen mer.
Auf ein bös Geleit hat der Knecht
Euch gefûrt; dann hett er Euch recht
Geweist, so wers an all Not
Gwest. Das glaubt mir an allen Spott an allen Spott: ohne allen Scherz = in allem Ernst.
Das Frauenzümmer den Held lobt,
Fürwittig vor rechtem Zorn tobt,
Daß dem Held nichts geschehen was.
Damit ein jedes wider saß
Auf die Pferd und seinen Wagen,
Die si hetten hergetragen,
Kerten wider anheim zůhaus.
Hiemit ist aber ein Schalkheit aus.


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