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(53) Wie der edel Teurdank durch Unfallo an ein
Gembsenjeid gesandt ward, daselbs in die Stein sollten
tot geschlagen haben. Aber es felt der Anschlag, dann si
trafen seinen Jegerknecht.

Unfallo sich des kümmert seer,
Daß kein List nit wollt helfen mer,
Die er bisher hett fürgenommen,
Dardurch der Held sollt sein kommen
In Angst und geferliche Pein.
In solchem do kam im in sein
Gedanken ein gar böser Sinn,
Darumb er ging zum Helden hin,
Sprach: »Herr, ich merk wol, daß Ir seid
Mit Eurm Gemůt von hinnen weit
Und sitzt, als sei Euch lang die Weil.
Sitzt auf und reit hinaus ein Meil
Ins Feld; oder wollt Ir jagen,
Das sollt Ir mir auch bald sagen:
So wille ich Euch also schier
Lassen füeren in die Revier
Und daselbst ein Jeid bestellen,
Darzu Euch zů einem Gesellen
Geben ein gůten Jeger zů,
Der durch des Gejeides Unrů
Hat gar manchen Schweiß vergossen;
Nach dem Wilpret unverdrossen
Ist der zů einer jeden Zeit.«
Teurdank sprach: »Gar geren ich reit,
Den wilden Tiern nachzůstellen,
Gilt mir auch geleich, zů fellen
Ein Schwein, Gembsen oder Beren;
Ich fach eins geleich als geren
Als das ander mit freiem Můt.«
Unfallo sprach: »Herr, halt in Hůt,
Damit Euch nicht widerfar Leid.«
Darneben gab er den Bescheid
Dem vorgemeltem Jeger sein,
Daß er den Held ins Birg hinein
Sollt füeren in ein bösen Stand,
Der dem Jeger was wol bekannt.
Der Jeger sprach: »Mein lieber Herr,
Ich will das tun und noch wol mer,
Was Ir heißt und befelhet mir.«
Unfallo sprach: »So nimb mit dir
An dasselb Gebürg disen Held.«
Darneben hett er ander bestellt,
Die sollten ob dem teuren Mann
Mit allen sein Jaghunden stan,
Und wann si den Held durch die Wend
Sehen geen, sollten si behend
Gleich ob im an alls Verlassen an alls Verlassen: ohne jede Nachlässigkeit.
Die Jaghund all laufen lassen.
Das gab er in darumb zů verstan,
Als sollt Teurdank darab ein Freud han.
Unfallo was der Freuden voll,
Daß die Sach was bestellet wol,
Dann er hofft, es sollt dem Teurdank
Die Weil noch werden im Birg lang.
Als si nun in das Gebirg kamen
Und ir die Jeger warnamen,
Ließen si mit ganzem Haufen
Die Jaghund ob in laufen.
Die liefen schnell und mit Schallen;
Darvon begunden zů fallen
Hinab etlich Stein auf die zwen.
Der Jegerknecht wollt für sich geen,
Do traf in ein Stein an sein Haubt
Dermaßen, daß er wurd beraubt
Von demselben etwas seiner Sinn
Und wollt sein gefallen dahin
Aus über die hohe Wand.
Den begreif der Held mit der Hand,
Behielt in bei seinem Leben.
Teurdank der Held tet sich heben
Aus diser großen Geferlicheit,
Damit im nicht auch bescheh Leid.
Wollt dannocht noch nicht haben Rů,
Sonder ging fort den Gembsen zů,
Fieng der etlich mit seinem Schaft;
Das machet sein recht Meisterschaft.
Darnach ging er wider zůtal
Durch einen Gang, der was gar schmal,
Bis er hinab in die Eben kam.
Als Unfallo dasselb vernam,
Rannt er im eilunds entgegen,
Gedacht bei im selbs: Was Segen
Kann doch Teurdank, diser Held teur,
Daß im kein Leid noch Ungeheur
Durch mein Anschleg geet zůhanden!
Unfallo sprach: »Ich hab verstanden,
Herr, es sei Euch nit wol gangen,
Darumb sagt mirs, ich hab Verlangen,
Dasselbig von Euch zů versteen.«
Der Held sprach: »Als wir wollten geen,
Ich und der gůt Jegersgesell,
Da beschach aus rechtem Ungefell,
Daß filen herab zů uns Stein,
Etliche groß, die andern klein.
Derselben einer den Jeger schlůg,
Daß er des hett gehabt genůg.
Wo ich nit besinnt gewesen wer,
Es felt umb ein Schritt und nit mer,
Der Stein mich selbs getroffen hett.«
Unfallo dergeleichen tet,
Als ob er sich des wundert seer;
Heimlichen was seins Herzen Beger,
Daß der Held tot wer beliben.
Hernach stet weiter geschriben
Ein andre Sach fast geferlich,
Darein Unfallo understund sich,
Den Held zů bringen mit seim List,
Dann er vil großer Schalkheit wißt,
Darumb, ee er eine verbracht,
Hett er schon ein andre erdacht.


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