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(43) Ein große Wassernot, so der edel Teurdank leit,
daß der Wind das Wasser in das Scheff heftig schlůg und
das Volk am Land niderknieten, Gott für in zů bitten,
der im auch aus aus: heraus. half.

Eins Mals ging Unfallo spazirn
An des Mers Gestad und Rivirn.
Kam im in seinen bösen Můet:
Das wer für mich ein Sach fast gůt,
Wo ich mocht den Helden bringen
Auf das Mer; mir wurd gelingen
Und villeicht erfüllt mein Will gar.
Unfallo gieng zum Helden dar,
Sprach: »Herr, es ist auf dem Mer still.
Wann ich weßt, daß es wer Eur Will,
So wollt ich lassen breiten zů
Scheff, daß Ir an eim Morgen fru
Fûrt auf dem Mer, zů beschauen
Ein schöne Stadt meiner Frauen,
Die si nit weit daran ligen hat.«
Der teur Held im antwortet drat,
Sprach: »Mir gefellt wol dein Anschlag,
Darumb rüst zů und nenn ein Tag,
So bin ich schon bereit zů farn.«
Unfallo sprach: »Ich will bewarn
Und die Scheff lassen zůrichten.«
Teurdank der gedacht im nichten
Args, dann er im wol vertrauet.
Unfallo mit Fleiß anschauet,
Ob nit ein Wetter kommen wollt,
Darin Teurdank hin farn sollt.
Nicht lang darnach es sich begab,
Daß Unfallo ward merken ab
Ein künftiges Wetter fürwar.
Bald schickt er zu den Scheffleuten dar,
Gebot inen bei irem Eid,
Daß si fûren auf sein Bescheid.
Darwider redten die Scheffleut,
Sprachen: »Das Gewülk uns bedeut
Auf dem Mer ein Ungestumkheit;
Far wir, es möcht uns werden leid.
Saget im, das sei unser Rat,
Daß er wart, bis das übergat übergat: vorübergeht.
Unfallo, als er das vernam,
Bald er selbs zů den Scheffleuten kam,
Sprach: »Wollt Ir den Held nit furn,
So will ich Euch all in die Turn
Lassen werfen in diser Stund,
Oder was ich heiß, dasselb tunt.«
Die Scheffleut erschraken all seer,
Ir keiner bedorft ein Wort mer
Reden, sonder sagten zu:
Dieweil er nit wollt haben Ru,
So můßten si faren vom Land;
Darumb sollt er den Held zůhand
Bringen zů inen in ir Schieff.
Teurdank der Held lag und schlief.
Unfallo klopft an der Tür an,
Sprach: »Herr, wollt Ir faren darvon,
So steet auf und macht Euch bereit,
Dann itz ist es zů faren Zeit.«
Teurdank der folget seiner Leer,
Wollt im Bett nit beleiben mer,
Sonder stund auf und legt sich an,
Begund mit in das Scheff zů gan.
Als si bed nun darein kamen,
Die Scheffleut ir Růder namen,
Fůeren mit gůtem Wind von dann.
Unfallo, der ungetreu Mann,
Aus dem Scheff sich heimlichen stal,
Dermaßen daß sie solches all
Nicht wurden von im gewar.
Teurdank der besorget sich gar
Keiner Not auf denselben Tag.
Nun höret, was weiter geschach.
Si fůren gar ein kleine Zeit,
Da sahen die Scheffleut von weit
Ein finster Wolken kommen her,
Damit einen Wind, der das Meer
Betrûbet von dem ganzem Grund.
Das Wetter weret etlich Stund
Und was so grausamlich gestalt,
Daß er das Schefflein mannigfalt
Wollt haben in Grund versenkt gar.
Kein ander Trost verhanden war,
Dann alle gar zů ertrinken
Und in dem Mer zů versinken.
Die Scheffleut all ließen fallen
Die Ruder, baten mit allen
Seinen Heiligen Gott von Herzen,
Daß er si aus disem Schmerzen
Wollt ledigen und von dem Tod.
Teurdank allein in diser Not
Ganz keck und unerschrocken was,
Rüeft die Scheffleut alle an, daß
Si beliben bei der Arbeit,
Sonst wurden si kommen in Leid.
Von solchem seim Trost empfiengen
Die Scheffleut ein Herz und giengen
Wider an ire Ruder dar
Und zogen dermaßen fürwar,
Daß si zůletzt mit rechtem Gwalt
Erreichten ein gůtes Land bald,
Nahend bei einer großen Stadt.
Nun was es an dem Abend spat;
Darumb Teurdank mit den Gesellen sein
Ging in dieselben Stadt hinein,
Danket Gott der großen Genad,
So er im heut bewisen hat,
Belib darinnen etlich Tag,
Nach der Arbeit seiner Růe pflag.
Nicht lang als die Ungestûmigkeit
Was vergangen, mit großem Leid
Unfallo höret dise Mer,
Wie Teurdank nicht ertrunken wer,
Sonder leg in der großen Stadt.
Unfallo erfand in seim Rat,
Er sollt sich zum Held auf machen
Und tun, als wollt er die Sachen
Erfaren, wie es im auf dem Mer
Im Wetter nachst ergangen wer.
Unfallo fůr zum Helden dar,
Stellt sich, als weßt er von der Far
Weder Wort noch Weis zů sagen.
Teurdank den begund er fragen
Aller Sachen Gelegenheit,
Und wo er in der Ungstumkeit
Auf dem Mer doch wer gewesen,
Teurdank antwortet: »Genesen Genesen: gerettet.
Bin ich von Gottes Herrn Gewalt.
Gelaub mir, du sollst mich alsbald
Nit bringen auf das Mer allein,
Du můßt auch bei mir im Scheff sein.«
Unfallo sprach: »Ach, lieber Herr,
Es ist warlich nit mit Gefer
Geschehen, daß ich wider aus
Dem Scheff bin gangen heim zůhaus.
Ich hett vergessen ein groß Sach
Und meint, Ir wurdet tůn gemach,
Bis ich hette geholet das.
Als ich nun wider kam, da was
Euer Scheff auf dem weiten Mer,
Do můßt ich bleiben; lieber Herr,
Das glaubt mir für ein Warheit.
Ich hett geren, daß Ir mir seit,
Wie Euch doch gefiel dise Stadt;
Mein Frau noch der vil schöner hat.«
Teurdank sprach: »Mir gefeilt si wol,
Dann was man doch neur haben soll,
Das findt man darin alles gar.«
Mittlerweil gůt Zeit kommen war,
Zů faren wider heim zůhaus.
Mit solchen Worten redt sich aus
Unfallo, der ungetreu Mann,
Als hett er ganz kein Schuld daran
Und wer alls geschehen an Gefer,
Darumb im Teurdank trauet mer.
Unfallo darneben gedacht:
Ich hab dich wider einmal bracht
In einen Glauben gegen mir,
Das möchte wol zů Schaden dir
Noch reichen in künftige Zeit.
Teurdank heim zů der Herberg reit.
Als er nun abgestanden was
Vom Scheff, Unfallo nider saß
Und gedacht einen andern Fund,
Dardurch er den Held bringen kunnt
Von seinem Leben in den Tod,
Wie hernach dann geschriben stat.


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