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(78) Wie der edel Held Teurdank ward von dem Dunst
einer Eisenkugel hart geschlagen, dann Neidelhart hetts
zůgericht, daß er sollt erschossen werden.

Neidelhart sich Tag und Nacht besann,
Wie er sein Sach wollt greifen an.
Nun begab es sich auf ein Zeit,
Daß gar ein feste Stadt nit weit
Von irem Heer auf ein Meil lag.
Die wollt Neidelhart auf nechstn Tag
Angreifen mit Gewalt des Sturm,
Darinnen braucht er disen Furm Furm: Mittel..
In der Stadt was im wol bekannt
Ein Büchsenmeister. Den besandt
Er und ließ im in geheim sagen:
Alsbald es morgen wurd tagen,
So wollt er die Stadt stürmen lan
Und darfür bringen ein teurn Mann,
Auf den er gůt acht haben sollt.
So er in erschuß, was er wollt,
Das wurd er von im haben zů Lon,
Allein daß er nit kem darvon,
Daß er und ander acht hetten
Auf den, so zů vordrist wurd treten.
Der Büchsenmeister gab Antwort:
»Auf der obern starken Stadtport
Hab ich ein Büchsen, die ist gůt.
Ist Sach, daß der Held stürmen tůt,
So will ich in haben gewiß.«
Dem Neidelhart er sagen ließ,
Er sollt den Sturm bald richten zů,
Daß der beschech gewiß morgen frů.
Neidelhart die Botschaft gern hört,
Dann sich dardurch sein Untreu mert,
Und darauf zů dem Helden sprach:
»Verhanden ist ein erlich Sach;
On Euch wird es gelegen sein,
Glaubt warlich disen Worten mein;
Ein Büchsenmeister mir necht necht: in der Nacht. spat
Schrib, daß wir mochten gewinnen die Stadt,
Darumb hab ich den Sturm bestellt.«
Darauf sprach zů im der edel Held:
»Der Sturm soll also für sich gan,
Ich will selber mit Euch daran.«
Neidelhart tet zům Held die Red,
Den Sturm er an zwein Orten hett
Bestellt. »Ir ruckt auf das ober Tor,
So habt Ir vil Vorteil bevor,
Dann der Büchsenmeister darauf ist,
Der wird Euch hinein lan mit List.«
Der Held gelaubt dem Neidelhart das,
Dann er darin unverzagt was,
Und zoch frölich an den Sturm dar,
Der Büchsenmeister nam sein war.
Alsbald er den Helden erkennt,
Richt er all sein Büchsen behend
Gerad zů auf den edlen Teurdank.
Dem Büchsenmeister was die Weil lang,
Bis im der Held zum Schuß recht kam.
Als in daucht Zeit, das Feur er nam,
Ließ dieselbig Büchsen abgan
Auf den Teurdank, den edlen Mann.
Der Held hort den Knall, sich ducket
Und seinen Kopf an sich zucket.
Das was im fur ein Warheit not,
Er wer sonst erschossen zů Tod,
Dann der Stein gieng so nahend zwar
Uber sein Haubt, es felt nit gar
Umb ein Spann. Der Dunst dannocht schlůg
In sein Haupt mit solchem Unfůg,
Daß er kaum mit Not kam darvon.
Vierundzweinzig Stund můßt er han
Schmerz, dann wann er nisen anfieng,
Gleich im das Blůt aus der Nasen gieng.
Mer was auch in derselben Stadt
Ein großes Bankarmbrost, das hat
Der Bûchsenmeister auf in gericht;
Aber zů seim Glück traf es nicht,
Sonder seiner Gesellen ein, der
Bei im stund, dermaßen, daß er
Fiel vor im nider zů der Erd,
Dem half wider auf der Held wert.
Als nu der Held wider genas,
Bei im selbs gedacht er im das:
Es wer zůgericht die Verretrei
Oder des Neidelharts Bûberei.
Als er in solchen Denken saß,
Neidelhart hett vernommen, daß
Der edl Held wer etwas schwach.
Darumb er sich zů im fûgt und sprach:
»Herr, wie hat es umb Euch ein Gestalt,
Daß Ir vom Sturm kombt her so bald?«
Der Held im darauf die Antwort gab:
»Ab deiner Weis ich Mißfallen hab,
Dann du mir necht sagst, du wol wißt,
Daß der Büchsenmeister mit List
Mir helfen wurd in dise Stadt.
Das ist nichts, dann er auf mich hat
Geschossen. Hett mir nit geholfen Gott,
So hett ich mûessen beleiben tot;
Mein Bucken mir da zůmal gůt was.
Ich will fůran nit glauben, das
Du mir wirst sagen, und deim Rat,
Dann mich der oft betrogen hat.«
Neidelhart neher zum Held gieng,
Sprach, daß der Büchsenmeister hieng.
»Er hat nit gehalten sein Zůsagen,
Er soll mirs nicht gen Hell tragen,
Es sein eitel Schelk und Böswicht.
Lieber Herr, ist Euch geschehen nicht,
So steen noch alle Sachen wol,
Den Schuß er mir noch gelten soll.«
Damit tet er den Held stillen
Abermals nach seinem Willen.


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